Sämtliche Konzepte für Industrie 4.0 und Digitalisierung im Lager basieren auf der Übertragung von Daten. Oft werden hier Bluetooth-Technologien eingesetzt. Der Funkstandard hilft dabei, Materialien zu lokalisieren, Mitarbeiter vor gefährlichen Arbeitsbereichen zu schützen oder Lagerbestände über Barcodescanner zu erfassen. Über den Standard lassen sich zudem Waren und Personen lokalisieren. Die Bluetooth Special Interest Group (SIG) hat den Standard um eine Peilungsfunktion ergänzt, die die Leistung der Standortdienste erhöhen soll.
Die Standortbestimmung
Viele Bluetooth-Standortdienste basieren auf dem gleichen Grundkonzept: Sie bestimmen mittels Bluetooth LE, ob sich zwei Bluetooth-Geräte in Reichweite zueinander befinden. Oft kommen noch RSSI-Messungen (Received Signal Strength) hinzu, um den ungefähren Abstand zwischen den beiden Geräten zu berechnen. Im Lager spielen vor allem Positionierungssysteme für das Asset Tracking und Management eine Rolle, mit deren Hilfe sich der Standort von Objekten bestimmen lässt. Zur Standortbestimmung von mobilen Lagergeräten wie etwa Gabelstaplern oder Handscannern werden Bluetooth-Empfänger – oft Locators (Lokalisierer) genannt – an festen Standorten in einem bestimmten Bereich angebracht. Diese Locators können mit einem zentralen Server, oft als Location Engine bezeichnet, vernetzt sein. Objekte, die das System lokalisieren soll, werden mit verbrauchsarmen, batteriebetriebenen Bluetooth-Sendern, sogenannten Tags, ausgestattet.
Bedarfsgerechte Genauigkeit
Diese senden periodisch ein Signal, dessen Häufigkeit in Abhängigkeit davon steht, wie mobil die verfolgten Objekte voraussichtlich sein werden und in welcher Taktung Echtzeit-Standortschätzungen erfolgen. Jeder Locator meldet kontinuierlich alle Tags, die er empfangen kann, sowie die jeweils empfangene Signalstärke (Received Signal Strength Indication; RSSI) an die Location Engine zurück. Diese bestimmt die Position der Tags anhand von Trilateration. Dabei wird die Position eines Objekts anhand seines Abstands zu drei bekannten Referenzpunkten ermittelt. Die Locators messen ihre Entfernung zu einem bestimmten Tag anhand der empfangenen Signalstärke. Die Genauigkeit wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie etwa der Grundriss des gewählten Bereichs und die Anzahl der eingesetzten Locators. Die Genauigkeit beträgt – je nach Anwendungsfall – zwischen einem und zehn Metern.
Bluetooth-Peilungsfunktion
Mit Version 5.1 erhält die Bluetooth Core Spezifikation nun eine optionale Peilungsfunktion. Damit kann ein Bluetooth-Gerät die Richtung bestimmen, aus der ein anderes Gerät sein Signal sendet. Wie bereits erläutert, ermitteln Bluetooth-Standortdienste den Abstand zwischen zwei Geräten derzeit mit RSSI. Bei RTLS- und IPS-Lösungen nutzen sie diese Entfernungen, um die Position eines Geräts zu bestimmen. Per Bluetooth Direction Finding erfassen die gleichen Geräte nun auch die Richtung, in der sich ein anderes Gerät befindet und können Triangulation nutzen, um die Positionsgenauigkeit zu verbessern. Zu den möglichen Anwendungsbereichen gehören: Die neunte Ausgabe von Rockwell Automations „State of Smart Manufacturing“ Report liefert Einblicke in Trends und Herausforderungen für Hersteller. Dazu wurden über 1.500 Fertigungsunternehmen befragt, knapp 100 der befragten Unternehmen kommen aus Deutschland. ‣ weiterlesen
KI in Fertigungsbranche vorn
Suche von persönlichen Gegenständen: Wenn die Bluetooth-Peilungsfunktion mittels Angle of Arrival (AoA) in Mobilgeräte integriert ist, sind erweiterte Lösungen für die Produktsuche durch Richtungsinformationen per App möglich.
PoI-Informationslösungen: Point of Interest (PoI)-Informationslösungen profitieren ebenfalls von der Peilungsfunktion, wenn sie mittels AoA in Mobilgeräte integriert werden. So können einzelne Produktbereiche im Lager mit Beacons versehen sein. Mitarbeiter erhalten so aktiv Informationen über Objekte ihrer Wahl, indem sie das Mobilgerät darauf richten.
Real Time Locating Systems (RTLS): Mit der Peilungsfunktion kann der Ortungsantrieb in einer RTLS-Software nun sowohl die Signalstärke als auch die Richtung der Tags empfangen. Die Ortung, etwa von Materialien, kann somit zentimetergenau erfolgen. Zudem lassen sich Mitarbeiter warnen, wenn sie beispielsweise unsichere Arbeitsbereiche betreten. Der Thin[gk]athon, veranstaltet vom Smart Systems Hub, vereint kollaborative Intelligenz und Industrie-Expertise, um in einem dreitägigen Hackathon innovative Lösungsansätze für komplexe Fragestellungen zu generieren. ‣ weiterlesen
Innovationstreiber Thin[gk]athon: Kollaborative Intelligenz trifft auf Industrie-Expertise
Indoor Positioning Systeme (IPS): IPS-Software mit Peilungsfunktion ermöglichen zentimetergenaue Ortung, wodurch die Indoor-Navigation im Lager verbessert oder die Anzahl der erforderlichen Ortungs-Beacons reduziert werden kann.
Standortdienste in der Praxis
Standortdienste können das Asset Tracking und Management deutlich verbessern, indem sie dem Logistikpersonal ermöglichen, jederzeit die genaue Position von Waren und Geräten im Lager zu bestimmen. Praktische Einsatzbeispiele zeigt Where, Inc. Die japanische Firma bietet Dienstleistungen wie Indoor-Positionierung, Sensordatenaggregation, Fernüberwachung und -steuerung über ein IoT-Netzwerk an. „Das dedizierte IoT Local Area Network, das wir bereitstellen, erfordert nicht nur eine Kommunikation mit geringer Kapazität, Hochfrequenz, Stabilität und niedrigen Kosten, sondern auch die Verbindung mit einer großen Anzahl von Geräten“ sagt Hajime Maruta, CEO von Where, Inc. „Bluetooth ist die am besten geeignete Technologie für unsere Anforderungen.“
Ein Autohersteller nutzt die EXBeacon-Plattform von Where etwa, um den Standort von Metallpaletten zu bestimmen. Die Empfänger erkennen Funkwellen von Bluetooth-LE-Tags, die an jeder Platte angebracht sind, und messen deren Position. Die Standortbestimmung ist in diesem Fall besonders schwierig, da alle Waren sowie die Paletten aus Metall bestehen und Signalreflexion verursachen. Für die EXBeacons werden daher direktionale Antennen verwendet.
Zukünftig noch genauer
Die Einführung von Bluetooth Low Energy im Jahr 2010 bot Entwicklern die Gelegenheit, standardisierte und kostengünstige Lösungen für Ortungsdienste mit Bluetooth-Technologie zu schaffen. Die neue Peilungsfunktion verbessert die Leistung und bildet die Grundlage für Bluetooth-Ortungssysteme mit einer Ortungsgenauigkeit von bis zu einem Zentimeter. So können etwa Standortdienste auf Basis von Bluetooth LE das Asset Tracking und Management im Lager verbessern. Die Bluetooth SIG arbeitet daran, die Technologie mit einer hochpräzisen Entfernungsmessung auszustatten. Dies soll die Ortung zukünftig noch genauer machen.