Die Arbeitspumpen der Hydraulikstation stellen den Druck zur Verfügung, der die Anstellung der Walzen ermöglicht. Bild: Stahlwerk Thüringen

Werte im Viertelstundentakt

Damit die Hydraulikpumpen reibungslos in einem kontinuierlichen Betrieb arbeiten, setzt das Unternehmen hydraulisch geregelte Pumpen ein, die nur auf Leistung gehen, wenn der Anlagendruck während der Anstellbewegung im Walzprozess abnimmt. Ohne diese Regelungen würden die Pumpen den zu viel geforderten Druck über Überdruckventile zum Tank leiten – eine energetisch ineffektive Methode. „Durch die Regelungen der einzelnen Pumpen wurde die Hydraulikstation hinsichtlich des Energieverbrauchs unübersichtlich. Es ist schwer festzustellen, welche Pumpen in welchem Arbeitsbereich betrieben werden, und ob dieser Arbeitsbereich energieoptimal ist“, sagt Uwe Sontag. Mit dereingesetzten Messtechnik war es möglich, den Mehrverbrauch der Pumpenstation festzustellen und zu überwachen, damit die Pumpen nicht mehr Energie aufnehmen, als sie für den Prozess benötigen. Für die monatliche Abrechnung mit dem Energieversorger benötigt das Stahlwerk Daten über die Stromaufnahme und die verbrauchte Energie in Viertelstundenwerten. Die Werte hierfür werden mit einem dafür geeichten Energiezähler ermittelt. Dieses Verfahren hat sich bei Industrieunternehmen für die Erfassung und Abrechnung der Wirkenergie etabliert, für die Energieoptimierung ist sie jedoch unzureichend.

„Mit dem konventionellen Energiezähler stellen wir fest, wie viel Energie wir im Durchschnitt am Tag verbraucht haben, aber nicht, wie wir zu dem Energieverbrauch gekommen sind“, sagt Uwe Sontag. Mit dem Messsystem kann das Stahlwerk hingegen den Energieverbrauch so überwachen, dass plötzlich oder schleichend auftretende Grenzwertüberschreitungen an den Pumpen rechtzeitig erkannt werden. Als Eingangsmodul zur Messgröße-Aufnahme nutzt der Stahlproduzent den Parallel-Analog-Digital-Umsetzer IBA Padu-8, der den Strom über einen Stromwandler von der Pumpe aufnimmt und misst. Damit erhält er acht analoge und acht digitale Eingangskanäle, die galvanisch voneinander getrennt sind. Über die Messung eines Ständerstroms und der dazu gehörigen Spannung können näherungsweise die Momentanleistung der Pumpe wie auch die Energieverbrauchswerte innerhalb der Viertelstundenschritte ermittelt werden. Über Lichtwellenleiter werden die Daten an das Messdatenerfassungssystem IBA PDA übermittelt, wo aus den gemessenen Größen Strom und Spannung die momentane elektrische Pumpenleistung berechnet wird, um so den Energieverbrauch, also die Leistung über die Zeit als Endwert zu erhalten.

Bei Überschreitung eines Grenzwertes liefert das Messdatenerfassungssystem ein Binär-Signal an die zentrale Leitstelle. Die Variable wird dort an ein Fremdsystem übergeben und im Klartext an einem Bildschirm angezeigt. Das Stahlwerk setzt auch zur Prozessanalyse Komponenten des selben Lösungsanbieters ein, zum Beispiel eine Software zur Analyse der Werte. Damit können Werte ohne Dateigrenzen aufgezeichnet und Daten über mehrere Jahre dargestellt werden.

Daten in Live-Darstellung

Ein weiteres Software-Add-on ist ‚IBA Q-Panel‘, mit dem zustandsabhängige Informationen in Echtzeit angezeigt werden. Qualitätsdaten und Messwerte werden in einer Live-Darstellung angezeigt und können miteinander in Beziehung gesetzt werden. Der Datenbankexport erfolgt mit dem individuell konfigurierbaren ‚IBA Dat Coordinator‘, der die Messdateienverarbeitung im ‚IBA Analyzer‘ automatisiert. Sowohl die Langzeitanalysen der hydraulischen Energiewerte als auch die Einbeziehung von Maschinen- und Anlagendaten über die Energieeffizienz hinaus, bilden die Basis für das Festlegen eines Gut-Werts. Dieser gibt Aufschluss darüber, in welchem Zustand die Hydraulikstation in einem energieoptimalen Zustand läuft. Uwe Sontag erklärt: „Durch unsere Analysen und entsprechende Instandhaltungsmaßnahmen können wir den optimalen Wert für die Energieeffizienz immer wieder verbessern.“ Nach einer Reparatur beispielsweise konnte der Verbrauch der Pumpen und damit auch der Grenzwert für die Energieeffizienz um fünf Prozent gesenkt werden und bildet damit den neuen Gut-Wert.

Im kompletten Werk

Weiterer Vorteil des Systems: Die Analyse der Daten erfolgt nicht nur im Viertelstundenrhythmus. „Wenn ein elektrisches Problem an der Pumpe auftritt, haben wir auch dieses Ereignis als Rohdaten zur Verfügung und können es zusammen mit den Energiedaten auswerten“, sagt Uwe Sontag. Das Stahlwerk Thüringen hat das System im kompletten Werk eingesetzt hat. So können die Messergebnisse aus allen Prozessen miteinander in Beziehung gesetzt werden, Zusammenhänge werden in einem System komplett sichtbar. „Wir sehen, wo das Problem entstanden ist, das sich auf die Gerüste und damit auf die Hydraulikpumpen auswirkt“, sagt Sontag. Somit ist eine maschinen- und anlagenübergreifende Analyse möglich, weil das System auch Informationen des Produktionsplanungssystems mitliest – man kann genau feststellen, was passiert, wenn ein bestimmtes Produkt gewalzt wird.







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