Künstliche Intelligenz und Roboter im Dienste des Korallenschutzes

Die australische Biologin Dr. Taryn Foster und ihr Team setzen auf KI und Robotik zum Erhalt mariner Ökosysteme. Per 3D-Design erstellte Steinskelette sollen die Ansiedlung von Korallen um Jahre beschleunigen – wertvolle Zeit im Kampf gegen das Riffsterben. Um die Besiedlung später zu skalieren, wird bei Coral Maker bereits an einem KI-gesteuerten Besiedlungsroboter gearbeitet.

Bild: Autodesk GmbH/Tim Campbell

Im blau-grünen Farbenspiel der Weltmeere liegen sie verborgen – die märchenhaften Korallenriffe. Sie spielen eine entscheidende Rolle im großen Puzzle des marinen Lebens und sind nicht nur die Kinderstuben vieler Fischarten und die Heimat einer unglaublichen Vielfalt an Organismen, sondern sie schützen auch Küstenlinien vor Erosion und tragen zur gesamten Gesundheit unseres Planeten bei. Aber die Unterwasserparadiese und ihre Vitalität werden durch die steigenden Meerestemperaturen zusehends bedroht. Das Ausmaß der Korallenbleiche hat in den letzten Jahren bereits zu drastischen Einbußen bei den Korallenpopulationen geführt. Die Wiederaufforstung und Erhaltung hat deswegen höchste Priorität, gestaltete sich aber bislang äußerst schwierig. Das Projekt Coral Maker hat nun einen vielversprechenden Lösungsansatz gefunden, der im großen Stil eingesetzt werden kann.

3D-Design und industrielle Mauerwerksherstellung

Das Unternehmen Coral Maker wurde von der australischen Biologin Dr. Taryn Foster ins Leben gerufen. Dr. Fosters Vision ist es, eine großflächige Methode zur Korallenriffrestauration zu entwickeln, indem sie 3D-Design und robotergestützte Automatisierung mit industrieller Mauerwerksherstellung verbindet. Der familiengeführte Mauerwerksbetrieb, der Kalksteinblöcke für die Bauindustrie herstellt, ist dabei elementares Kernstück ihrer Strategie. Die Wiederherstellung von Korallenriffen stößt nämlich auf eine wesentliche Herausforderung: die träge Wachstumsrate von Korallen. Der gängige Ansatz besteht darin, einen kleinen Teil lebender Korallen von einer bestehenden Kolonie zu entnehmen, um dann in manueller Aufzucht ein eigenes Skelett zu bilden und letztlich zu einer ausgewachsenen Kolonie heranzuwachsen. Doch dieses Verfahren ist äußerst zeitaufwendig – es kann zwischen drei und zehn Jahre dauern, bis ein einzelnes Korallenstück seine volle Skelettgröße erreicht hat.

Vorgefertigte Steinskelette als Wachstumsgrundlage

Natürlichen Prozessen mit Technik auf die Sprünge helfen. -Bild: Autodesk GmbH/Tim Campbell

Coral Maker stellt sich dieser Herausforderung mit einer innovativen Strategie entgegen: Es bietet den kleinen Korallenfragmenten bereits vorgefertigte Steinskelette an, die als solide Grundlage für ihr Wachstum dienen. Mithilfe der integrierten Konstruktions- und Fertigungssoftware Fusion 360 von Autodesk hat das Team um Dr. Foster kuppelförmige Korallenskelette, Setzstecker, Setzstecker-Behälter sowie ein spezielles Gerät zur Formung der Skelette entworfen. Die Materialien können unkompliziert mit den Ziegelpressen des industriellen Mauerwerksbetriebs hergestellt werden. Dieser Ansatz beschleunigt den Prozess der Riffrestauration erheblich, indem er den Zeitaufwand für das Wachstum der Korallen signifikant reduziert.

Neubesiedelung mit Technik skalieren

Nun wird im Rahmen von Coral Maker daran gearbeitet, weitere bestehende Hürden zu überwinden – etwa wie sich die Korallen möglichst effizient und im großen Stil auf die künstlichen Skelette setzen und schließlich wieder sicher an geeigneten Stellen im Meer platzieren lassen. „Insbesondere Aufgaben zum Entnehmen und Zuführen der Korallen, so genannte ‚Pick-and-Place-Aufgaben‘, müssen wir automatisieren“, schildert Dr. Foster, „wir wollen nicht, dass zahlreiche Menschen das manuell tun müssen.“ Um die Skalierbarkeit des Projekts zu erhöhen und das Ziel zu erreichen, jährlich etwa 1,7 Millionen Korallen auf 280.000 Skeletten zu erzeugen, werden in Zusammenarbeit mit Autodesk zwei Arten von Roboterarmen mit Bildsensoren entwickelt: Einer wird zum Zerkleinern von Korallenfragmenten und zum Aufkleben der Fragmente auf die Setzstecker verwendet, während der andere diese Setzstecker in die Steinskelette einsetzt. Korallen sind zwar empfindlich gegenüber ihrer Umwelt, aber physisch durchaus widerstandsfähig. Der Einsatz von Robotern macht demnach Sinn.

KI-gesteuerter Besiedlungsroboter

Der nächste Schritt für Coral Maker besteht in der Durchführung von Wassertests der bereits besiedelten Korallenskelette, um die optimale Größe und Platzierung der Korallenfragmente zu beurteilen. Die Ergebnisse dieser Forschung werden die Basis für den Testlauf eines automatisierten Besiedelungsprozesses mit Robotern bilden. „Die Fähigkeiten der KI-gesteuerten Roboter haben mich überrascht. Zu sehen, wie sie Entscheidungen treffen, basierend auf Echtzeit-Informationen, ist beeindruckend“, erzählt Dr. Foster. „Der gesamte Prozess des Prototyping ist hierbei sehr herausfordernd. Du lernst durch Fehler, und probierst etwas Neues. Wir haben unsere Prototypen in einer Fabrik sowie direkt im Ozean mit lebenden Korallen getestet.“

Lernen in schwieriger Umgebung

Für die Arbeit im Meerwasser sind spezielle Anpassungen der Technik erforderlich. -Bild: Autodesk GmbH/Tim Campbell

Doch der Einsatz von Robotik und KI in einer marinen Umgebung stellt die Forscher vor Herausforderungen. Salzwasser ist für Maschinen eine schwierige Umgebung. Zudem haben Korallen verschiedene Formen und Ausprägungen und unter Wasser herrschen verschiedene Lichtverhältnisse und Oberflächenstrukturen. Die Roboter werden lernen müssen, unter diesen komplexen Verhältnissen zu arbeiten, ohne die Korallen zu beschädigen. Trotz dieser Herausforderungen zeigt sich Foster optimistisch: „KI-gesteuerte, kollaborative Roboter können mit großer Variantenvielfalt umgehen und nicht nur die Variabilität zwischen Korallenarten, sondern auch Formen und Ausprägungen innerhalb einzelner Korallenarten erkennen und differenzieren.“

Implementierungshelfer für natürliche Prozesse

Die Vision für die Zukunft des Projekts sieht vor, dass Korallenriffe mit Hilfe von Robotern und KI nicht nur restauriert, sondern auch an neue Orte umgesiedelt werden können. Damit könnten Korallen dabei unterstützt werden, die Auswirkungen des Klimawandels besser zu überstehen und die biologische Vielfalt der Ozeane sowie das maritime Ökosystem zu erhalten. „Ich sehe die Coral-Maker-Technologie als Implementierungshelfer. Wir liefern die massenproduzierten Bauteile, in die Korallen eingesetzt werden können. Darüber hinaus stellen wir die Produkte zur Verfügung, die dabei helfen, diese Skelette auf den Meeresboden zu transportieren und einzusetzen“, fasst Dr. Foster das ambitionierte Vorhaben zusammen. „Den Riffen dabei zu helfen, etwas zu tun, was sie langfristig auch auf natürlichem Wege schaffen würden – ihren Lebensraum zu sichern – diese Implementierungshilfe können wir mithilfe von KI und Robotik leisten.“