Lean Manufacturing – Revival einer erprobten Methodik

Bild: Operations1

Fertigungsunternehmen sehen sich mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Nicht zuletzt haben gestiegene Energiepreise die Betriebskosten in die Höhe schnellen und so manche Digitalisierungsbestrebung stagnieren lassen. Der Fachkräftemangel, eine steigende Nachfrage nach höherer Produktvielfalt sowie verkürzte Produktlebenszyklen kommen hinzu. Die Methoden und Instrumente des Lean Managements sind Jahrzehnte nach ihrer ersten Beschreibung daher so wichtig wie nie, wie 90 Prozent der befragten Unternehmen einer 2023 von der Unternehmensberatung Staufen durchgeführten Studie angeben. Gerade für Fertigungsunternehmen kann es interessant sein, sich dem Teilbereich Lean Production zuzuwenden.

Was ist Lean Production?

Lean Production ist Teil der Lean-Management-Philosophie. Beide Methoden verfolgen das übergeordnete Ziel, nicht wertschöpfende Tätigkeiten einzudämmen und Prozesse kontinuierlich zu optimieren, also zu verschlanken. Lean Production konzentriert sich auf die Reduzierung von Verschwendung, etwa überschüssiger Produktion, bei gleichzeitiger Maximierung der Produktivität in Fertigungsunternehmen. Im Kern soll die Methode produzierenden Unternehmen dabei helfen, Durchlaufzeiten und Produktionsprozesse zu optimieren, um damit schneller auf volatile Marktentwicklungen reagieren zu können.

Die fünf Prinzipien der Lean Production

Im 21. Jahrhundert hilft vor allem Software beim Einhalten der Prinzipien der Lean Production. MES-, ERP- und Warenwirtschaftssysteme unterstützen etwa bei der Ressourcenplanung von Wertströmen, Kapital, Betriebsmitteln und Material, und CRM-Systeme den Vertrieb bei der Identifikation von Kundenmehrwert. Unternehmen, die eine schlanke, agile Produktion anstreben, sollten stets nach den fünf Grundprinzipen der Lean Production handeln:

Kundenmehrwert in den Mittelpunkt stellen – Die Fokussierung auf den Kundenmehrwert, beispielsweise in Sachen Produktqualität oder Preis, führt automatisch zur Eliminierung nicht wertschöpfender Tätigkeiten.

Wertstrom identifizieren – Der Wertstrom bezeichnet alle Arbeitsschritte, die zur Erstellung eines Produkts durchgeführt werden. Diese müssen zunächst einzeln auf nicht wertschöpfende Aktivitäten untersucht werden, um anschließend vermeidbare Tätigkeiten zu eliminieren. Dabei hilft u.a. das Instrument der sieben Muda. Muda (japanisch: Verschwendung) beschreibt Aktivitäten, die Ressourcen verbrauchen und Kosten verursachen, aber keinen echten Mehrwert erzeugen. Diese Verschwendung kann in den sieben Teilbereichen Transport, Inventar, Bewegung, Wartezeit, Überproduktion, Überbearbeitung und Defekte auftreten.

Produktionsverzögerungen durch Flow-Prinzip vermeiden – Das Flow-Prinzip zielt darauf ab, während des Produktionsprozesses eine unterbrechungsfreie Wertschöpfungskette zu schaffen. Alle Räder im Wertstrom-Uhrwerk müssen ineinandergreifen, damit keine Produktionsverzögerungen oder Ausfallzeiten entstehen.

Pull-Prinzip: Produktion nach Bedarf – Bei der schlanken Produktion wird der traditionelle Fertigungsansatz, Produkte auf der Grundlage von Prognosen herzustellen, durch einen Pull-Ansatz ersetzt. Dieser besagt, dass nichts ohne Kundenbestellung auf Lager hergestellt wird. Das erfordert von Fertigungsunternehmen allerdings hohe Flexibilität und gut funktionierende, kurze Lieferzyklen.

Abläufe mit dem Perfection-Prinzip kontinuierlich verbessern – Lean Production ist kein erreichbarer finaler Zustand. Das Perfection-Prinzip besagt, dass immer etwas verbessert werden kann und muss. Das Instrument, dass diesem Prinzip zugrunde liegt, nennt sich ‚Kaizen‘. Der Begriff setzt sich aus den japanischen Wörtern ‚Kai‘ für Veränderung oder Wandel und Zen für ‚zum Besseren‘ zusammen. Im deutschsprachigen Raum wird das Prinzip auch schlicht Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) gennant.

Mobile Rechner im Werk unterstützen Augmented Reality-Anwendungen.Bild: Operations1

Optimierungspotential heben

Damit die Methoden der Lean Production möglichst effektiv in den Produktionsalltag von mittelständischen Unternehmen integriert werden können, muss eine digitale Grundlage geschaffen werden. Gerade auf dem Shopfloor haben Fertigungsunternehmen oft Nachholbedarf, was die Digitalisierung angeht. Fertigungsaufträge, Arbeitsanweisungen oder Prüf- und Montageanleitungen werden trotz vorhandener IT-Systemlandschaft häufig noch papierbasiert an die operativen Mitarbeitenden übergeben. Die Grundprinzipien der Lean Production können so nicht optimal verfolgt werden. Überholte oder missverständliche Anweisungen führen oft zu Fehlern, die Produktivität leidet und das Flow-Prinzip wird unterbrochen. Das hat unmittelbaren Einfluss auf die anderen Prinzipien: Dysfunktionale Wertströme, Ausschussproduktion, Nacharbeit und Kundenreklamationen sind die Folge.

Connected-Worker-Plattformen können Fertigungsmitarbeiter hier unterstützen, sodass Informationen korrekter Form und zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar sind. Produktspezifische Daten werden direkt aus den unternehmenseigenen Systemen wie etwa dem MES oder ERP gezogen und strukturiert und variantenspezifisch zur Verfügung gestellt. Aus der daraus entstehenden Transparenz können Unternehmen KVP-Maßnahmen ableiten.

Die Grundprinzipien der Lean Production werden durch die IT-Infrastruktur im Unternehmen unterstützt. Insbesondere das Flow-Prinzip, das auf eine unterbrechungsfreie Wertschöpfungskette abzielt, kann so optimiert und eingehalten werden. Connected-Worker-Plattformen können Produktionsunternehmen bei weiteren Optimierungen im Sinne der Lean Production helfen.

Autorin:

Anna-Karina Dawkins ist im Strategischen Marketing bei Operations1.







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