Zwei Neustarts in zwei Jahren

DAS EE wechselt PLM- und ERP-System

DAS Environmental Expert hat in den vergangenen zwei Jahren eine beachtliche Entwicklung durchlaufen: von On-Premise zur Cloud; von M-CAD Dokumentenmanagement zur Multi-CAD Anbindung an ein regelrechtes PLM; von einer Schnittstelle zwischen systemisch getrenntem ERP- und PDM-System zu einem System. Den Ausgangspunkt bildeten zwei Systemwechsel zur gleichen Zeit.

 (Bild: PDM technology Group ApS)
(Bild: PDM technology Group ApS)

Die DAS Environmental Expert GmbH (DAS EE) macht den Großteil ihres Geschäfts in der sogenannten Sub Fab, also der Ebene unter der Fertigung von Chips und Halbleitern. Während es im Clean Room dieser Fertigung sauberer zugehen muss als in einem Krankenhaus, werden in der Sub Fab verbrauchte Abgase und Abwässer unterschiedlicher Art behandelt, um sie entweder gereinigt erneut in den Produktionskreislauf zu bringen oder zu entsorgen. Anlagen und Geräte dafür liefert DAS EE. Das Unternehmen mit Sitz in Dresden beschäftigt weltweit Mehr als 800 Mitarbeiter. Vor gut zwei Jahren stand das Unternehmen vor einer ungewöhnlichen Aufgabe. Sowohl ERP- als auch PLM-System wurden gewechselt. Dafür mussten beinahe sämtliche kritischen Daten von den alten Systemen migriert werden.

Idee beim ERP-Wechsel

Beim ERP-Wechsel von Navision zu Microsoft Dynamics 365 F&SCM (Finance & Supply Chain Management) machte der IT-Lieferant Cosmo Consult das DASTeam auf die vollständig in Dynamics integrierte Software Bluestar PLM des dänischen Herstellers PDM Technology auf merksam. Das versprach zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und wurde genauer unter die Lupe genommen. Schon bald wuchs das Projektteam auf rund 40 Personen an. Sylvio Kipke, Director Engineering Global bei DAS EEE: „Von dem doppelten Systemwechsel waren ja praktisch alle Abteilungen betroffen. Wir beschlossen, die Gelegenheit zu nutzen, um unsere gesamten Prozesse so von links nach rechts zu drehen, dass die neuen Systeme optimale Wirkung entfalten konnten. Zehn von 15 Abteilungen waren durch ihre Key-User vertreten, vom Engineering über Produktion und Controlling bis zu Service und Back-Office.“

Kein Schnittstellenproblem

Die Effekte der beiden Anwendungen zeigten sich bereits in der Auswahlphase. Während bei Microsoft und PDM Technology die Cloud-Nutzung im Angebot enthalten und die Schnittstelle zwischen ERP- und PLM-System kein Thema war, hätte das alte System eine Schnittstelle zu Microsoft Dynamics erfordert. Wäre das Altsystem später in die Cloud gewandert, wären erneut Anpassungen nötig gewesen – für DAS EE ein K.O.-Kriterium. Zudem überzeugte die Live-Präsentation der Funktionalitäten des neuen Systems. Die wichtigsten Kriterien für die Systemauswahl waren letztlich die Unterstützung variantenbasierten Arbeitens, das Modul eBOM/mBOM Builder für Fertigungsstücklisten und der Konfigurator. Dass sich aber die Entscheidung des doppelten Systemwechsels in vieler Hinsicht als richtig herausstellen würde, war vor zwei Jahren noch nicht zu ahnen.

Von PDM zu PLM

Mit dem alten PDM-System verwalteten die DAS-Ingenieure vor allem ihre mechanischen Bauteile. Das MCAD-System Creo Parametric von PTC war über eine Schnittstelle an das PDM-System angebunden, was einen Austausch von Parametern zwischen PDM und CAD erlaubte. Eplan, welches bei der Elektro-Konstruktion zum Einsatz kam, war nicht angebunden. Die Verbindung zum ERP-System lief über eine weitere Schnittstelle. Wer aus dem Produktdatenmanagement heraus etwas im Enterprise Resource Planning erledigen wollte oder umgekehrt, musste zunächst das jeweils andere System starten. „Bis dato hatte halt jeder sein Kernsystem. Die jetzt einheitliche Oberfläche, aus der heraus ERP- wie PLM-Funktionen einfach aufgerufen werden können, hat hier einen enormen Wandel bewirkt“, sagt Anja Scholze,Team Lead Projects & Business Applications bei DAS EE. Sylvio Kipke ergänzt: „Genauso wie die Tatsache, dass wir neben Creo nun auch Eplan angebunden und die Softwareentwicklung in Form von Quelltext-Dokumenten integriert haben. Diese Durchgängigkeit hat dem Engineering vorher gefehlt.“

Ein Datenmodell, das dem Engineering-Prozess entspricht

Die Hauptprodukte von DAS EE sind Anlagen, die in der Größe eines Schranks unterbringen, was jeweils in der Halbleiterfertigung zur Abgasreinigung und teilweisen Abwasserbehandlung benötigt wird. Nasswäscher, Brenner-Wäscher, Abscheider und Trockenbrenner bilden die Technologiefamilien, die wiederum in eine Reihe von Produktfamilien gegliedert sind. Wird das Gas von oben zugeführt oder von unten? Ist der Brenner nach oben oder unten ausgerichtet? Wo ist der Brenner positioniert? Großserienfertigung ist das nicht, sondern eine ganz typische Variantenproduktion. Sylvio Kipke: „Jede Produktfamilie hat einen 150-Prozent-Master, aus dem sich die einzelne Variante ableiten lässt. Jede unserer nach den kundenspezifischen Anforderungen gebaute Anlage ist eine Variante, die aus dem Master konfiguriert wird. Insofern war für uns die Unterstützung der Konfiguration durch das PLM-System ein zentrales Kriterium.“ Im Kern des Datenmodells von Bluestar PLM steht das Engineering Object. Jeder Master hat eine Object ID, aus der sich jede Varianten-ID ableiten lässt. Daran wird im Engineering bei DAS EE gearbeitet, bis eine Variante freigegeben werden kann. Anja Scholze zeigt sich zufrieden: „Jetzt haben wir tatsächlich nicht nur die Konstruktion oder gar ausschließlich das mechanische Engineering als Nutzer, sondern praktisch alle, die irgendetwas mit den Produktdaten tun müssen. Und genau das war unser Ziel, deutlich mehr Fachbereiche in die Prozesse auf Basis der Artikelstammdaten einzubeziehen. Wir hatten ungefähr 60 Nutzer des alten PDM, mit Bluestar PLM sind es jetzt weltweit etwa 300. In den USA tragen einige bereits aktiv Daten bei, in Taiwan und China haben wir circa 40 vorwiegend lesende Nutzer. Die Perspektive sind weitere User in Japan und Südkorea. Wir haben jetzt ein PLM-System.“

Abläufe korrigieren

Bereits in der Einführungsphase half das System, die Prozesse zu optimieren und neu zu gestalten. Eines der integrierten Module unterstützt das Business Process Management (BPM). Wenn darin die Prozesse, ihre Workflows und deren einzelne Tasks beschrieben sind, wird sichtbar, an welcher Stelle etwa wiederholt Schwierigkeiten auftauchen, die einer Korrektur im Ablauf bedürfen.

Belastbare Zahlen

Insbesondere in der Variantenfertigung spielen Änderungsaufträge (Engineering Change Order; ECO) eine wichtige Rolle. Mit dem alten System lief der Änderungsprozess nicht systemgeführt, sondern über manuelle Festlegungen und Emails. Sylvio Kipke: „Derzeit haben wir 2.152 ECOs im System. Ein knappes Viertel ist bereits implementiert, für ein gutes Viertel gibt es eine entsprechende Anforderung, und etwa die Hälfte ist in der Umsetzung. Vor der Einführung hätten wir keine Zahlen nennen können. Jetzt wissen wir genauer, wo wir im Einzelnen stehen.“ Der Erfolg des Systemwechsels zeigte sich zudem in der einheitlichen Benutzeroberfläche für ERP- und PLM-System. Hier wurde zusätzlich zur deutschsprachigen eine englischsprachige Only-Read Oberfläche ergänzt.

eBOM und mBOM

Für DAS EE hat sich der doppelte Systemwechsel ausgezahlt. Das BPM Modul hilft, Prozesse rund um die bereits existierenden Produktfamilien transparent zu machen. Zugleich unterstützt das Tool dabei, alle Produkte im Haus in Produktfamilien mit 150-Prozent-Master und Varianten davon zu gliedern. Auf dass für jedes Produkt aus einer eBOM eine mBOM abgeleitet werden kann.