100-Prozent-Prüfung vollautomatisiert

Turbolader zuverlässig inspiziert

Bei einem Hersteller für Turbolader waren zwei Mitarbeiter – nach dem Vier-Augen-Prinzip – für die Prüfung der fertigen Teile zuständig. Heute übernimmt ein Bildverarbeitungssystem von Vision On Line, ausgestattet mit Industriekameras von SVS-Vistek, die 100-Prozent-Prüfung der Produkte.

The car turbocharger. Turbocharging of an automobile engine. (Bild: Nordroden/istockphoto)
The car turbocharger. Turbocharging of an automobile engine. (Bild: Nordroden/istockphoto)

Turbolader stehen als Synonym für mehr Leistung, und das ist auch in ihrem ursprünglichen Einsatzgebiet ihre Hauptaufgabe. Durch die Verdichtung von Verbrennungsluft, die dem Motor zugeführt wird, lassen sich im Vergleich zu Saugmotoren höhere Motorleistungen bei gleichzeitig niedrigerem Verbrauch und besseren Emissionswerten erzielen. Dass die Qualität dieser Produkte angesichts der hohen Belastungen im jahrelangen Einsatz absolut einwandfrei sein muss, versteht sich von selbst. Im Entwicklungszentrum und im Fertigungswerk eines Anbieters von Pkw- und Nutzfahrzeug-Abgasturboladern sorgt seit kurzem das Bildverarbeitungssystem Resident 1200 Visual Inspection von Vision On Line für eine vollautomatische 100-Prozent-Prüfung kompletter Turbolader-Baugruppen.

Manuelle Inspektion nicht wirtschaftlich

Vor der Installation des Systems waren für diese Aufgabe nach dem Vier-Augen-Prinzip zwei Mitarbeiter im Einsatz, um die gefertigten Turbolader zu prüfen. Die manuellen Kontrollen waren jedoch nicht wirtschaftlich und zudem fehleranfälliger als eine automatisierte Qualitätsinspektion. Aufgrund von Kundenreklamationen bei nicht erkannten Fehlern und den daraus folgenden Administrationskosten, wollte der Hersteller diesen Prozessschritt optimieren.

Der Turbolader-Hersteller arbeitet bereits seit mehreren Jahren mit Vision On Line zusammen. Das Unternehmen ist inzwischen als Bildverarbeitungslieferant für viele seiner Standorte freigegeben. „In enger Zusammenarbeit mit den technischen Experten unseres Kunden haben wir unter anderem die Integration von Bildverarbeitungsbibliotheken in sein PC-basiertes Automatisierungssystem realisiert“, erläutert Vision On Line-Geschäftsführer Andreas Schaarschmidt. „Auf diese Weise ist die Bildverarbeitung ohne zusätzliche Schnittstelle inzwischen tief im System des Turbolader-Herstellers verankert und deckt dabei von konventionellen Tools bis hin zu KI-Anwendungen die gesamte Bandbreite der benötigten Funktionen ab.“

Umfangreiche Prüfung

Im Fall der Turbolader-Prüfung mussten die Langenselbolder Automatisierungsspezialisten ein umfangreiches Paket schnüren: „Turbolader sind hochkomplexe Bauteile mit zahlreichen Details, die im Zuge der von uns gewünschten kompletten Qualitätsprüfung unter die Lupe genommen werden müssen“, unterstreicht Schaarschmidt. „Unter anderem zählen dazu die Inspektion der eingesetzten Komponenten wie der Turbine, der Ladedruckregelklappe, konstruktiver Merkmale wie dem Spaltmaß zwischen Gehäuse und Turbinenrad, geometrischer Vorgaben und vieler weiterer Details.“

Weitere Herausforderungen

Neben der Automatisierung der Prüfzelle und der gewünschten 100-Prozent-Prüfung bestand eine weitere Herausforderung für Vision On Line darin, die Dokumentation sowohl der Ergebnisse als auch der aufgenommenen Bilder sicherzustellen. Darüber hinaus war es erforderlich, genügend Flexibilität der Anlage für individuelle Anpassungen bei Produktänderungen zu gewährleisten.

Vom Konzept bis zur Integration

Auf Basis dieser Vorgaben erstellte Vision On Line zunächst ein Konzept und übernahm anschließend die Konstruktion, den Sondermaschinenbau, die Integration aller Kameras und Beleuchtungen inklusive der erforderlichen Halterungen und unterstützte bei der Programmierung. Die finale Programmierung von Steuerungstechnik und Bildverarbeitungsprüfung erfolgte dann durch das Anwenderunternehmen selbst.

Im Herbst 2022 ausgeliefert

In der im Herbst 2022 ausgelieferten Anlage ist nun ein Bildverarbeitungssystem integriert, in dem acht Industriekameras von SVS-Vistek vom Typ exo264 und exo183 zum Einsatz kommen. „Diese GigE-Kameras weisen eine Reihe von technischen Eigenschaften auf, die sie für diese Anwendung besonders prädestinieren“, erläutert Oliver Herrmann, ebenfalls Geschäftsführer der Vision On Line und zuständig für die CAD-Konstruktion der Anlagen. „Eine Besonderheit ist dabei die Möglichkeit, die in der Anlage integrierten Beleuchtungen direkt aus den Kameras heraus betreiben zu können. Dadurch konnten wir den Bildverarbeitungs-Part ohne die üblicherweise erforderlichen Blitz-Controller realisieren und auf diese Weise Kosten und Aufwand für den Anwender reduzieren.“

Offen und flexibel

Als weitere Pluspunkte der eingesetzten Kameras von SVS-Vistek nennen die Vision On Line-Geschäftsführer die hohen Auflösungen von 5 bzw. bis zu 31 Megapixeln, die zuverlässig eine hohe Bildqualität und damit die optimale Grundlage für die nachfolgende Auswertung der Bilder lieferten. Sie erfolgt durch die Bildverarbeitungs-Software Halcon von MVTec auf Industrie-PCs von Siemens. „Dieses Setup erlaubt auf Basis der internationalen Standards in der Bildverarbeitungsbibliothek alle Freiheiten bezüglich der Bildaufnahme in 2D, 2,5D und auch 3D sowie die optionale Einbindung verschiedener Standardtechnologien wie Pattern-Projektion, Shape from Shading oder Methoden der Künstlichen Intelligenz. Damit war es möglich, alle vorgegebenen Anforderungen des Anwenders an eine schnelle Verarbeitung zu erfüllen und somit die Grundlage für kurze Zykluszeiten zu schaffen“, so Herrmann. „Wir konnten mit dieser Anlage und der Auswahl der integrierten Komponenten ein optimales Kosten-Nutzenverhältnis erzielen und ein Gesamtsystem realisieren, das auch für zukünftige Anforderungen technologieoffen und flexibel ist.“