Industrie 4.0 und das Recht

„Rechtswissenschaftliche Begleitung statt vorschnelle Zuordnungen“

In einer vernetzten Industrie gilt es verhältnismäßig neue Fragen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären. Wo sind die Anwälte der Unternehmen gefragt und wo der Gesetzgeber? Und lassen sich die rechtlichen Veränderungen durch künstliche Intelligenz bereits abschätzen? Eine Einschätzung von Dr. Hans-Jürgen Schlinkert, der die Arbeitsgruppe ‚Rechtliche Rahmenbedingungen‘ in der Plattform Industrie 4.0 leitet.

Dr. Hans-Jürgen Schlinkert, Arbeitsgruppenleiter ‘Rechtliche Rahmenbedingungen’, Plattform Industrie 4.0 sowie General Counsel/ Head of Legal Components Technology bei der Thyssenkrupp AG
Dr. Hans-Jürgen Schlinkert | Bild: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Warum ist Industrie 4.0 aus rechtlicher Sicht eine Herausforderung?

Dr. Hans-Jürgen Schlinkert: Die Entwicklungen durch Industrie 4.0 sind rasant – da muss das Recht Schritt halten. Insbesondere die Rechtsfelder Zivilrecht, Datenschutz und IT-Sicherheit, Produkthaftung, IP-Recht, Arbeitsrecht und Kartellrecht sind betroffen. Auch aktuelle Entwicklungen wie Blockchain und künstliche Intelligenz werfen neue rechtliche Fragen auf und bedürfen einer juristischen Einschätzung. Diese Entwicklungen beobachten wir in der Arbeitsgruppe ‚Rechtliche Rahmenbedingungen‘ der Plattform Industrie 4.0 und geben Empfehlungen für Unternehmen und Politik.

In der vernetzten Industrie werden von den Sensoren der Maschinen vor allem Daten ohne Personenbezug produziert. Sie sind rechtlich wenig reguliert. Wo reichen individuelle vertragliche Regelungen und wo sehen Sie Handlungsbedarfe für den Gesetzgeber?

Schlinkert: Rechtliche Rahmenbedingungen – über bestehendes Geschäfts- und Betriebsgeheimnis hinaus – sind eher zurückhaltend zu betrachten. Daten und ihre verschiedenen Zuordnungen erscheinen zu vielfältig und agil, um dauerhaft ausreichend durch Gesetzesvorschriften geregelt zu werden. Eine vorschnelle Festlegung, was Eigentum beziehungsweise eigentumsähnlich in Bezug auf Daten ist, könnte zudem kommende Geschäftsmodelle einschränken. Auch im weltweiten Wettbewerb ist eine Zuordnung von Daten durch den Gesetzgeber in Deutschland beziehungsweise Europa möglicherweise eher Hemmnis als Vorteil. Was es braucht, ist eine dynamische Diskussion zum Umgang mit Daten und die stetige rechtswissenschaftliche Begleitung statt vorschneller Zuordnungen.

Künstliche Intelligenz wird das Thema Industrie 4.0 maßgeblich beeinflussen. An welchen Stellen ist bereits jetzt schon erkennbar, wie sich der digitale Rechtsrahmen durch KI verändern wird?

Schlinkert: Die Frage nach der Verantwortlichkeit wird sich sicherlich stellen: Wer trägt Entscheidungen, die von KI getroffen wird? Wer ist haftbar? Diese Diskussion hängt jedoch maßgeblich von den technischen Weiterentwicklungen ab, die noch nicht absehbar sind. Diskussionsbedarf haben wir hier jedoch definitiv: Deshalb werden wir als Arbeitsgruppe für rechtliche Rahmenbedingungen den Austausch mit der Plattform ‚Lernende Systeme‘ suchen und im zweiten Halbjahr eine Publikation zu der Thematik veröffentlichen.







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