EY-Analyse

Automobilhersteller und Zulieferer driften weiter auseinander

Laut einer Analyse des Beratungsunternehmens EY erzielten deutsche Automobilhersteller im vergangenen Jahr Rekordumsätze. Auch die Umsätze der Zulieferer wuchsen, allerdings weniger ausgeprägt.

Bild: ©nordroden/stock.adobe.com
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Trotz Produktionsengpässen und vorübergehenden Werkschließungen wurde am Automobilstandort Deutschland im vergangenen Jahr mehr Umsatz erwirtschaftet als je zuvor: Die in Deutschland ansässigen Autohersteller und -zulieferer steigerten ihre Umsätze nach Angaben des Beratungsunternehmens EY im Jahr 2022 insgesamt um rekordhohe 23 Prozent auf 506Mrd.€. Dabei schnitten die Autohersteller mit einem Umsatzwachstum von 28 Prozent deutlich besser ab als die Zulieferer, die nur ein Plus von sechs Prozent verzeichneten.

Trotz der sehr positiven Umsatzentwicklung sank die Zahl der Beschäftigten im vierten Jahr in Folge und ging um 1,5 Prozent auf gut 774.000 zurück. Zum Vergleich: Der bisherige Beschäftigungsrekord war im Jahr 2018 verzeichnet worden, als etwa 834.000 Menschen in Deutschland bei Autoherstellern oder -zulieferern angestellt waren.

Impulse vom Export

Wichtige Wachstumsimpulse seien zuletzt vom Export gekommen, so die Analysten: Insgesamt legten die Ausfuhren von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen aus Deutschland im vergangenen Jahr um 16 Prozent zu. Besonders stark entwickelte sich der wichtigste Exportmarkt der deutschen Autoindustrie, die Vereinigten Staaten: Die Ausfuhren in die USA legten um 37 Prozent zu. Der zweitwichtigste Exportmarkt war erneut China: Trotz pandemiebedingter Einschränkungen stiegen die Exporte nach China um neun Prozent und erreichten damit einen neuen Höchststand.

Für eine Entwarnung sei es jedoch zu früh, sagt EY-Parter Peter Fuß: „Zwar werden wir im laufenden Jahr ein weiteres Hochfahren der Produktion sehen. Auch der Chipmangel spielt längst nicht mehr so eine große Rolle wie im Vorjahr. Aber: Die weltweite Konjunkturentwicklung ist schwach, geopolitische Risiken sind allgegenwärtig und derart hohe Neuwagenpreise werden sich auf Dauer nicht am Markt durchsetzen lassen – zumindest nicht in allen Segmenten und von allen Herstellern.“

Zulieferer profitieren kaum

Im Gegensatz zu den Herstellern konnten die Zulieferer hingegen kaum profitieren: Das Umsatzwachstum der Hersteller war 2022 mehr als viermal so stark wie das der Zulieferer, die Beschäftigung bei den Zulieferern war mit einem Minus von sechs Prozent erneut stark rückläufig, bei den Herstellern hingegen stabil. Viele Zulieferer stünden mit dem Rücken zur Wand, sagt Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY für die Region Europe West. „Und die Schere zwischen Herstellern und Zulieferern geht immer weiter auseinander – auch weil die Autohersteller die Produktion von Batterien und Elektromotoren selbst in die Hand nehmen oder Partnerschaften mit Batterieunternehmen eingehen und weniger auf ihre altgedienten Lieferanten setzen.“

Es stehe zu befürchten, dass sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren fortsetzen werde, so Gall: „Angesichts der Transformation in Richtung Elektromobilität ist zwischen Herstellern und Zulieferern ein Verteilungskampf entbrannt, bei dem die Zulieferer oft die schlechteren Karten haben.“

EY-Partner Fuß erwartet für das laufende Jahr im besten Fall eine stabile Beschäftigungsentwicklung bei Herstellern und weitere Stellenstreichungen bei Zulieferern: „Trotz der zuletzt sehr erfreulichen Gewinnentwicklung wird in der deutschen Autoindustrie derzeit flächendeckend der Rotstift angesetzt.“ Der Investitionsbedarf sei gewaltig, und gleichzeitig setzten die Unternehmen alles daran, weiterhin so hohe Margen zu erwirtschaften wie im vergangenen Jahr. „Denn nur ein profitables Geschäft schafft ausreichend finanziellen Spielraum, um in neue Technologien und Produkte investieren zu können“, so Fuß weiter.

Basis der Untersuchung sind aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts und der Agentur für Arbeit. Untersucht wurden Unternehmen ab einer Größe von 50 Mitarbeitern.







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