SAP-Anwendergruppe veröffentlicht Investitionsreport 2023

Etwas höhere Budgets und Kritik an den Kosten

2023 werden die IT- und SAP-Budgets in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH) erneut ansteigen – ergibt der Investitionsreport 2023 der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG). S/4Hana wird für Unternehmen relevanter, die Business Suite bleibt jedoch die bevorzugte Software. Unzufrieden sind die Anwender häufig mit der Branchenstrategie von SAP – und der Preisgestaltung.

Bild: DSAG Deutsche SAP Anwendergruppe e.V.
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Das IT-Budget der befragten Unternehmen steigt im Vergleich zu 2022 bei 54 Prozent, bei 26 Prozent bleibt es gleich und bei 15 Prozent sinkt es. Die SAP-Budgets steigen bei 52 Prozent, bei 31 Prozent bleiben sie gleich und bei 15 Prozent sinken sie. „Der Aufwärtstrend bei den IT-Budgets sowie den Budgets für SAP-Lösungen, der bereits letztes Jahr zu erkennen war, setzt sich auf annähernd gleichem Niveau fort. Das spricht für Zuversicht bei den Unternehmen, dass Krisensituationen gut gemeistert werden“, sagt DSAG-Vorstandsvorsitzender Jens Hungershausen und ergänzt: „Zudem laufen einige etablierte SAP-Lösungen demnächst aus der Wartung und die Projekt-Pipelines der Unternehmen sind gut gefüllt – entsprechend wird Budget benötigt.“

Projekte erfordern Zeit

Eine weitere Frage dreht sich um die digitale Transformation und die Fortschritte der Unternehmen. Im vergangenen Jahr wurde diese Frage nicht gestellt, sodass der Vergleich zu 2021 herangezogen werden muss. Sehr weit sind fünf Prozent (2021: zwei Prozent), als weit bezeichnen sich 39 Prozent, der identische Wert wie 2021. Nicht sehr weit sehen sich 52 Prozent, eine Steigerung um zwei Prozentpunkte im Vergleich zum Report vor zwei Jahren. „Das spricht dafür, dass die Unternehmen während der Pandemie andere Prioritäten gesetzt haben und vielleicht auch angesetzte Digitalisierungsprojekte zunächst aufgrund der existierenden Unsicherheiten zurückgestellt hatten“, so Jens Hungershausen.

Bild: DSAG Deutsche SAP Anwendergruppe e.V.
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Drei Prozent nutzen Public Cloud-ERP

Gefragt nach den eingesetzten ERP-Lösungen aus Walldorf liegt SAP Enterprise Resource Planning, bzw. die SAP Business Suite mit 79 Prozent (2022: 75 Prozent) weiter deutlich in Führung vor S/4Hana On-Premise mit 41 Prozent (2022: 32 Prozent). Es folgen S/4Hana Private Cloud mit acht Prozent (2022: 6 Prozent) und S/4Hana Public Cloud mit drei Prozent (2022: zwei Prozent). „Für S/4Hana-Projekte im Besonderen und Transformations-Projekte im Allgemeinen gilt: Je nach Komplexität können Migrationsprojekte mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Eine echte Transformation erfordert, dass neue Technologien evaluiert und eingeführt, sowie Prozesse neu gedacht werden“, sagt Hungershausen. Darüber hinaus müssten bei Migrationsprojekten oftmals alter Code bzw. bestehende Prozesse ersetzt und Stammdaten bereinigt werden. Der Verband sieht SAP hier in der Pflicht, die Partner stärker zu befähigen, bei Migrationsprojekten adäquat zu unterstützen.

Wartungsende erzwingt den Umstieg

Für die SAP-Investitionen im Jahr 2023 relevant ist die Business Suite bei sechs Prozent (wie 2022) für hohe Investitionen und bei 22 Prozent (2022: 18 Prozent) für mittlere Investitionen. In S/4Hana planen 28 Prozent (2022: 26 Prozent) hohe und 38 Prozent (2022: 24 Prozent) mittlere Investitionen. Die Investitionsbereitschaft der DSAG-Mitgliedsunternehmen überrascht nicht. Denn bis 2027 bzw. spätestens 2030 müssen Unternehmen von ihrem alten ERP-System zur In-Memory-Version wechseln. Dann fallen ältere Systeme aus der Wartung. „2027 klingt noch fern. Der Aufwand, der mit einer solchen Migration verbunden ist, darf dennoch nicht unterschätzt werden“, sagt Hungershausen.

Bild: DSAG Deutsche SAP Anwendergruppe e.V.
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BTP als zentrales Element der SAP-Strategie

Bei den SAP-Cloud-Anwendungen geben 24 Prozent an, hohe und mittlere Investitionen in die SAP Business Technology Platform (BTP) zu tätigen. Investitionen meinen in diesem Fall die Steigerung von Ausgaben in Cloud-Anwendungen inklusive Subskriptionen. An zweiter Stelle im Ranking der SAP-Cloud-Softwares folgt SAP SuccessFactors mit hohen und mittleren Investitionen bei 17 Prozent der Befragten. An dritter Stelle steht SAP Customer Experience mit neun Prozent. „SAP positioniert die BTP als zentrales Element ihrer Strategie. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass die Umfrageteilnehmer:innen diese SAP-Cloud-Lösung in Erwägung ziehen“, sagt Jens Hungershausen. Aus DSAG-Sicht sei es positiv zu bewerten, dass nun erste Migrationsservices entwickelt werden, die z. B. bei der Umstellung bestehender Integrationsarchitekturen auf die Integration Suite der BTP unterstützen. Die Kosten für Entwicklung, Qualitätssicherung und Nutzung der Services ohne produktiven Bezug seien aber zu hoch – genauso wie die Kosten für den generellen Betrieb. Hierzu steht die DSAG im Austausch mit SAP.

BTP relevant für Daten und Analysen

Bei der Business Technology Platform liegt in Bezug auf die Relevanz für Investitionen der Bereich Daten und Analysen (z. B. SAP Hana Cloud, SAP Analytics Cloud) mit 38 Prozent hohen und mittleren Investitionen (2022: 39 Prozent) vor der Anwendungsentwicklung und -automatisierung sowie der Integration mit jeweils 17 Prozent für hohe und mittlere Investitionen. Künstliche Intelligenz bildet mit drei Prozent für hohe und mittlere Investitionen das Schlusslicht. „Die Bedeutung von Daten und Analysen bewegt sich auf Vorjahresniveau und unterstreicht den Stellenwert von agilem Handeln in schnelllebigen Zeiten. Echtzeitanalysen, Prognosen und konkrete Planungen spielen eine große Rolle“, sagt Hungershausen. In diesen Kontext passt das von SAP angekündigte Angebot SAP Datasphere, das Geschäftskunden die Verarbeitung und Analyse geschäftskritischer Informationen erleichtern soll. Es adressiert die seit Langem bestehende Forderung der DSAG nach der Zusammenführung von SAP- und Non-SAP-Daten.

Bild: DSAG Deutsche SAP Anwendergruppe e.V.
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Cloud-Preispolitik auf dem Prüfstand

In diesem Investitionsreport wurde auch erstmals nach einer Einschätzung zur Preispolitik von SAP im Cloud-Umfeld gefragt. Als zufrieden bezeichnen sich fünf Prozent. 20 Prozent beurteilen ihren Status mit weder zufrieden noch unzufrieden, 26 Prozent der Befragten machten keine Angaben. „Natürlich lässt sich bei diesem Ergebnis nicht verschweigen, dass damit bei fast der Hälfte die Preispolitik von SAP nicht auf Gegenliebe stößt. Das sehe ich aber als ein grundlegendes Problem, das die Kundenunternehmen mit allen Anbietern von Cloud-Lösungen haben”, sagt Jens Hungershausen. Und er ergänzt: „Die geplante jährliche Preiserhöhung für SAP-Cloud-Dienste hat für viel Kritik bei den DSAG-Mitgliedern gesorgt. Wir sind davon überzeugt, dass verlässliche Mechanismen für die Preisentwicklung benötigt werden. Auch deshalb sind diese Werte wie ein Echo einer bereits im vergangenen Jahr gezeigten Reaktion der SAP-Kunden. Eine jährliche wiederkehrende Erhöhung der Preise erschwert Unternehmen den Weg in die Cloud.“

DSAG fordert veränderte Preisgestaltung

Die DSAG hat ihre Erwartungshaltung diesbezüglich an SAP kommuniziert – nämlich eine ganzheitliche, allen Anwenderunternehmen zuträgliche Regelung, die nicht auf pauschalen jährlichen Erhöhungen basiert. Im Rahmen der DSAG-Keynote bei den Technologietagen 2023 wurde seitens der Interessenvertretung der Appell laut, dass SAP davon absehen solle, die 3,3-prozentige Preiserhöhung auch für die Cloud-Services anzusetzen, die in den Maintenance-Modus versetzt werden bzw. abgekündigt sind. „Wenn Kunden für bereits abgekündigte oder nicht weiter gewartete Cloud-Lösungen noch mehr zur Kasse gebeten werden, erzeugt das einen negativen Eindruck vom Hersteller – und das kann aus DSAG-Sicht kein Ziel von SAP sein“, sagt Jens Hungershausen.

Unzufriedenheit mit SAP-Branchenstrategie

Was die Zufriedenheit der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer mit der SAP-Strategie für ihre jeweilige Branche betrifft, sind 22 Prozent zufrieden, 39 Prozent weder zufrieden noch unzufrieden und 23 Prozent unzufrieden. zehn Prozent gaben an, sehr unzufrieden zu sein. Sechs Prozent machen keine Angaben. Unter den zufriedenen finden sich z. B. die Hightech- und Elektronindustrie, der Öffentliche Sektor und die Konsumgüterindustrie. Bei den unzufriedenen lassen sich das Gesundheitswesen, die Metall-, Holz- und Papierindustrie, sowie die Chemieindustrie erwähnen.

Bild: DSAG Deutsche SAP Anwendergruppe e.V.
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Unternehmen investieren in Weiterbildung

In punkto Weiterbildung stellen die Unternehmen jedem Mitarbeitenden ein gewisses Budget zur Verfügung. Bei 21 Prozent der Befragten liegt dieses für 2023 zwischen 1.000 und 1.999 Euro, bei 18 Prozent zwischen 500 und 999 Euro, sowie bei 17 Prozent zwischen 2.000 und 4.999 Euro. Vier Prozent stehen 5.000 und mehr Euro zur Verfügung, zwölf Prozent weniger als 500 Euro. „Für Projekte wie die Einführung der SAP Business Technology Platform oder anderer Cloud-Lösungen braucht es Erfahrungswerte und spezifisches Knowhow. Muss dies erst noch aufgebaut werden, ist ein Weiterbildungs-Budget durchaus sinnvoll. Dass hierbei eine große Bandbreite abgedeckt wird, zeigt wie unterschiedlich groß das Wissen in den jeweiligen Bereichen ist“, sagt Hungershausen. Unterstützung bietet hier z. B. die Cloud-Enablement-Initiative der DSAG, die von der DSAG-Academy gemeinsam mit Partnern ins Leben gerufen wurde.

Cybersecurity gewinnt an Relevanz

Bei den übergreifenden Themen mit Relevanz für die Investitionsplanung liegt die Cybersecurity bei 88 Prozent (2022: 78 Prozent) mit hoher und mit mittlerer Relevanz klar auf Platz eins. Gefolgt von der Automatisierung von Prozessen, die bei 68 Prozent eine hohe und mittlere Relevanz genießt. Insbesondere die Bedeutung der Cybersecurity kommt nicht unerwartet. „Einem Hacker-Angriff vorzubeugen, ist zwar unmöglich. Doch es gibt eine Reihe von Maßnahmen, mit welchen sich Unternehmen und Anwender und Anwenderinnen vorbereiten können“, sagt Jens Hungershausen. Als ein wichtiges Element im Vorgriff auf sicherheitsrelevante Angriffe betrachtet die DSAG unter anderem ein bereits seit längerem auf der Forderungsliste stehendes Security-Dashboard. Gemeinsam mit SAP arbeitet die DSAG an einer entsprechenden Lösung, die automatisiert anzeigt, welche sicherheitsrelevanten Einstellungen vorgenommen werden müssen und wo Sicherheitslücken in der jeweiligen SAP-Landschaft des Unternehmens vorhanden sind.

Zur Erhebungsgrundlage:

Im Zeitraum vom 24. Januar bis 15. Februar 2023 haben sich 265 Teilnehmer und Teilnehmerinnen im DACH-Raum an der Umfrage beteiligt. Befragt wurden CIOs, CC-Leiter sowie Ansprechpersonen aus Mitgliedsunternehmen. Dabei wurde nur eine Person pro Mitgliedsunternehmen angeschrieben und zu Teilnahme aufgefordert. Aus Deutschland haben sich 188 DSAG-Mitglieder beteiligt, aus der Schweiz 35 und aus Österreich 31. Aus weiteren Ländern kamen elf Teilnehmende. Die Top-5 der vertretenen Branchen sehen den Maschinen-, Geräte und Komponentenbau mit elf Prozent an erster Stelle. Gefolgt vom Öffentlichen Sektor und der Konsumgüterindustrie mit jeweils neun Prozent. Das Gesundheitswesen und der Großhandel mit jeweils sieben Prozent vervollständigen diese Rangliste.