Lizenzbestimmungen ohne Kostenklausel

Die Open Source-Initiative wendet den Begriff Open Source auf Software an, deren Lizenzverträge unter anderem erlauben, den Programmcode beliebig zu verändern, zu kopieren, zu verbreiten und zu nutzen. Vom Urheber der Software wird dazu lediglich der Quellcode zur Verfügung gestellt. Die Lizenzbedingungen legen in der Regel nur die Rechte und Pflichten fest, die mit der Nutzung der Software verbunden sind. Eine Untergruppe der Open Source-Lizenz sind sogenannte ‚Copyleft‘-behaftete Lizenzen. Dies bedeutet, dass Änderungen und Erweiterungen der Software bei Weitergabe offen gelegt werden müssen – im Gegensatz zum Copyright, das die Weitergabe von Produkten ohne Erlaubnis des Rechteinhabers ausschließt. Doch viele Open Source-Projekte sind professionell organisiert und für den kommerziellen Einsatz entwickelt worden. Auch wenn Open Source-Diensleister keine Lizenzgebühren für das Grundsystem erheben, fallen dann Kosten für Zusatzmodule, Beratung, Installation und individuelle Programmierung an.

Sparpotenzial nur auf lange Sicht

Aus Sicht von Carsten Emde spielt daher bei der Entscheidung für eine Open Source-Lösung das Argument der wegfallenden Lizenzkosten kaum eine Rolle. „Diese Kosten machen sich im Vergleich zu den Kosten für Bereitstellung und Installation nicht bemerkbar“, erläutert Emde. Für ihn ist langfristige Investitionssicherheit das Hauptargument für eine Open Source-Lösung: Viele Anbieter komerzieller Software schaffen seiner Ansicht nach Lebenszyklusgrenzen für ihre Programme, damit ‚alte‘ Lösungen ohne die Anschaffung kostenpflichtiger, neuer Versionen nicht mehr mit aktuellen IT-Lösungen kompatibel sind. „Dieser Beliebigkeit entgehen Unternehmen, wenn sie auf Open Source-Lösungen setzen“, sagt Emde. Dieses Problem schildert auch Salm: „Unternehmen nutzen freie Software, weil sie von lizenzgebundenen Lösungen enttäuscht sind und ihnen beispielsweise die Kosten für Updates zu hoch sind.“ Zwar seien auch Anpassungen an aktuellere Versionen einer Open Source-Lösung nötig, diese fielen aber weniger kostenaufwändig aus als die Anschaffung neuer, lizengebundener Programme.

Alleinstellungsgrenze: Transparenz in Maßen

„Für Unternehmen hat Software mit Copyleft vor allem den Vorteil, dass hinter Open Source große Entwicklungsgemeinschaften stehen, die beispielsweise Fehler in einem Programm schneller beheben als es einem einzelner Softwareanbieter möglich ist“, sagt Emde. Open Source-Lösungen mit Copyleft eignen sich aber nur für Anwendungen, deren Programmcode allen Interessierten offen stehen darf. Denn nur bei Open Source-Lizenzen ohne Copyleft kann der Entwickler entscheiden, unter welchen Konditionen er etwa ein neu entwickeltes Abrechnungsmodul weitergibt. Eine solche Freiheit in der Wahl der Lizenz kann für Unternehmen interessant sein, die Konkurrenten keinen Einblick in bestimmte Programmbereiche geben wollen – aber auch für Software-Anbieter, die Teilmodule einer Open-Source-Lösung entwickeln und weiterverkaufen wollen.

Vor der Entscheidung, eine Open-Source-Software mit Copyleft in einem Produkt einzusetzen, sollte sich ein Unternehmen darüber Gedanken machen, ob die betroffene Funktionalität Alleinstellungscharakter hat. Nur Bereiche unterhalb der Alleinstellungsgrenze kommen für Open Source mit Copyleft in Frage. So kann auch der Anwender eigene Programmodule etwa von eigenen Programmierern oder externen Dienstleistern entwickeln lassen, die dann über Schnittstellen in die freie Lösung eingebunden werden.

Zusammenarbeit im Open-Innovation-Netzwerk

Für Industrieunternehmen, die den Einsatz von Open-Source-Lösungen in Erwägung ziehen, lohnt sich auch die Beschäftigung mit Open Innovation-Projekten, wie der OSADL-Initiative für Maschinenbau und Automatisierungsbranche. Dabei arbeiten Unternehmen mit Entwicklern und anderen Betrieben zusammen, um ihre IT-Systeme zu verbessern und neue Anwendungen zu entwickeln. So entstehen Applikationen, die allen Beteiligten zur Verfügung stehen. Die Programmierungskosten fallen dabei aber für jeden Betrieb nur anteilig an.(jhn)