Jonas Kalb über Asset-Inventarisierung mit Octoplant

„Die manuelle Inventarisierung ist schlicht unmöglich“

Wer den Überblick über Assets und Anlagen bewahrt, kann Downtimes in der Produktion besser vermeiden. Dr. Jonas Kalb, Head of Product bei Auvesy-MDT, schildert, wie Anwender ihre Produktionsprozesse mit Asset-Inventarisierung optimieren, welche Risiken eine unvollständige oder fehlerhafte Bestandsaufnahme mit sich bringen kann und wie die Inventarisierungsfunktion der eigenen Software Octoplant funktioniert.

(Bild: Auvesy GmbH)

Herr Kalb, warum sollten sich Unternehmen Ihrer Meinung nach mit der Asset-Inventarisierung befassen?
Dr. Jonas Kalb: Im Grunde geht es immer darum, ohne Unterbrechung oder Störung produzieren zu können. Denn ungeplante Ausfallzeiten gehören zu den kostspieligsten Ereignissen im produzierenden Gewerbe. Bei rund 90 Prozent unserer Kunden ist ein Versagen der Hardware der Hauptgrund dafür. Wenn nur ein Gerät, z.B. eine SPS, plötzlich defekt ist, kommt dadurch der gesamte Prozess zum Stillstand. Und zwar so lange, bis die Maschine ersetzt und das richtige Automatisierungsprojekt aufgespielt wurde. Heute sind viele Shopfloors extrem komplex, weil sie über die Jahre gewachsen und um unterschiedlichste Komponenten verschiedener Hersteller ergänzt wurden. Meist ist ein Sammelsurium von Teilen verbaut, die mit diversen Versionen laufen. Im täglichen Produktionsdruck haben die Ingenieure in den Werken kaum Zeit, ein Inventar manuell zu pflegen. Je höher der Automatisierungsgrad auf dem Shopfloor ist, desto höher die Komplexität und umso wichtiger wird die Asset-Inventarisierung.

Sie stellen ihren Anwendern aber noch weitere Wertbeiträge in Aussicht?
Inventarisierung ist essenziell für die Optimierung des kompletten Prozesses. Wer zu jedem Zeitpunkt weiß, welche Assets im Einsatz sind, in welchem Zustand sich alle Geräte und Komponenten befinden und ob eine aktuelle Datensicherung vorliegt, kann Ausfallrisiken reduzieren und den Status verbessern. Ein gutes Beispiel sind die aktuell – auch geopolitisch – brisanten Cyberangriffe. Für Unternehmen bedeuten sie, dass sie Risiken identifizieren und minimieren müssen. Die Informationen zu den verbauten Typen und der jeweils genutzten Firmware zeigen dabei, wo Patches notwendig sind, um die Systeme sicherer zu machen. Eine Asset-Inventarisierung verknüpft auch alle Prozesse, wenn unterschiedliche Mitarbeitende zu verschiedenen Zeiten die einzelnen ­Module überwachen, austauschen, verändern oder stilllegen.

Sie verkaufen Ihr Produkt gewiss nicht nur aufgrund der aktuellen Cybersecurity-Situation?
Was die operative Arbeit mit unserer Softwareplattform Octoplant so einzigartig macht, ist die gesamtheitliche Transparenz über die Instandhaltung: Dadurch ­behalten Produktionsverantwortliche die Kontrolle über die industrielle Fertigung. Sie können sämtliche Informationen verschiedener Assets aggregieren und mit zusätzlichen Daten von außen korrelieren. Folgende Fragen lassen sich dadurch u.a. beantworten: Welche physischen Assets sind tatsächlich in Projekten abgedeckt? Welche Geräte habe ich, welche Gerätetypen und welche Modelle? Welche Firmware-Versionen sind auf diesen Geräten im Einsatz? Sind es vielleicht verschiedene oder alte Versionen, die gepatcht werden müssen?

Was haben Anwender in der Regel davon, diese Aufgabe mit Software statt handschriftlich zu erledigen?
Kurz gesagt geht es um Vereinfachung, Übersicht sowie Zeit- und Kosteneinsparungen im Shopfloor-Management. Asset Inventory liefert per Knopfdruck eine aktuelle digitale Liste aller im Einsatz befindlicher Assets. Das betrifft Informationen wie den Hersteller, den Typ, die Typennummer oder Bestellnummer und Informationen über die aktuell verwendete Firmware aller Assets. Dadurch können Anwender auf der einen Seite sicherstellen, dass die verwendeten Geräte auf dem sichersten Stand sind. Es hilft auf der anderen Seite beim Verwalten von Lager- und Bestellprozessen. So lässt sich beispielsweise feststellen, ob das gleiche Gerät 25 Mal verbaut wurde, aber aktuell drei unterschiedliche Firmware-Stände installiert sind. Das Feature leistet so einen elementaren Beitrag dabei, die Firmware aktuell und hohe Sicherheitsstandards einzuhalten.

Welche Synergien können sich ergeben, wenn Asset-Inventarisierung und ein Versionierungs- und Backup-Tool zusammen eingesetzt werden?
Octoplant sorgt für die Absicherung der Automatisierung mittels End-Point-Management. Die Softwareplattform versioniert und erstellt Backups von Automatisierungsprojekten aller Industrial-Control-Systeme, mit einem starken Fokus auf den Steuerungen. Aus diesen Automatisierungsprojekten, wie sie etwa im TIA Portal abliegen, werden auch die Informationen über die oben genannten, dahinterliegenden physischen Assets ausgelesen und strukturiert dargestellt. So wissen die Verantwortlichen, wenn gepatched werden muss. Dieses serverbasierte Datenmanagement funktioniert für das Reporting auch als standortübergreifende SaaS-Lösung.

Asset-Listen auf Knopfdruck: Ein Asset Inventory mit Octoplant erspart mühsame Handarbeit. Nutzer sehen auf einen Blick, welche Anlagenkomponenten aktuell abgedeckt sind inklusive Hersteller, Gerätetyp und Modell. (Bild: Auvesy GmbH)
(Asset-Listen auf Knopfdruck: Ein Asset Inventory mit Octoplant erspart mühsame Handarbeit. Nutzer sehen auf einen Blick, welche Anlagenkomponenten aktuell abgedeckt sind inklusive Hersteller, Gerätetyp und Modell. – Bild: Auvesy GmbH)

Können Sie das anhand eines Anwenderbeispiels veranschaulichen?
Wenn man sich ein Unternehmen in der Produktion anschaut, könnte fast jedes ein Anwenderbeispiel darstellen. Die Shop-floors sind quasi überall sehr groß, komplex und divers. Die manuelle Inventarisierung aller Geräte ist in den großen Werken für Ingenieure schlicht unmöglich. Über IT-basiertes Asset Inventory entsteht Transparenz, die eine echte ­Bestandsaufnahme überhaupt erst ermöglicht. So kann ein Ingenieur in der Praxis viel einfacher nachvollziehen, dass beispielsweise ein bestimmtes Gerät mehrfach verbaut ist, es aber mittlerweile nicht mehr vertrieben wird und vielleicht auch, dass die Lager keine ­Ersatzteile mehr bieten. Jetzt kann er ­direkt für den Fall eines künftigen Hardwareversagens vorbeugen. Ohne diesen Einblick ins Inventar wüsste er im Worst Case nicht einmal, dass ein Notfallplan überhaupt notwendig ist. Im Ernstfall heißt das: Schnelle Wiederaufnahme der Produktion statt langer Stillstand.