Variantenreich im Standard

Bild: AMS.Solution AG

Die Afflerbach Bödenpresserei stellt Behälterböden, Verschlüsse sowie Sonderpressteilen her. Mit 230 Mitarbeitenden verarbeitet das Unternehmen an zwei Standorten metallische Werkstoffe und Plattierungen aus Schwarzblechen und Edelstählen im Warm- und Kaltformverfahren. Um den wachsenden Anforderungen an Transparenz gerecht zu werden, entschlossen sich die Verantwortlichen 2020 für die Implementierung eines neuen ERP-Systems. Besonderes Augenmerk lag hier auf der Beschleunigung der Angebotserstellung und der Entschlackung des Artikelstamms.

Wechsel des ERP-Systems

Mit der Zeit bewegte sich die interne Prozessorganisation nicht mehr auf dem gewünschten Niveau. Dies lag unter anderem an einer nicht mehr aktuellen ERP-Software. Um das Niveau wieder anzuheben, entschloss sich Afflerbach für einen Systemwechsel. Die Projektleitung wurde Stefan Reuter übertragen, dem Leiter für Produktionsplanung, Produktionssteuerung und Logistik. Die Zielsetzung: Die Datendurchgängigkeit einer integrierten Lösung sollte zu transparenteren Prozessen, schnelleren Reaktionszeiten und besserer Planbarkeit führen. Die Entscheidung fiel auf AMS.ERP, das auf die Belange der Einzel-, Auftrags- und Variantenfertigung zugeschnitten ist.

Nah am Standard

Einer der Hauptgründe für die Entscheidung war, dass AMS aufgrund der Expertise im Umfeld der Losgröße 1+ bereits nach den ersten Gesprächen die unternehmensspezifischen Anforderungen erfasste und Lösungswege präsentierte. Zudem konnten fast alle für Afflerbach relevanten Prozesse im Softwarestandard abgebildet werden. Unter dieser Prämisse ging das Unternehmen auch in das Projekt. „Wir wollten vermeiden, dass das jeweilige System erst in unserem laufenden Betrieb aufgebaut wird. Denn darin sahen wir die Gefahr, dass die Software zu sehr an unsere bestehenden Prozesse angepasst werden würde“, sagt Reuter.

In der Implementierungsphase war jedes Mitglied des Key-User-Teams für die Abbildung der Abläufe seiner jeweiligen Abteilung verantwortlich, was relativ schnell vonstattenging. Die größte Herausforderung für Afflerbach bestand darin, die vorgegebenen Prozesse einheitlich zu gestalten. Zudem zeigten sich die Mitarbeitenden zunächst nicht begeistert, da einige mit ‚Insellösungen‘ gearbeitet hatten und die Unternehmensleitung bereits vor Projektbeginn festgelegt hatte, künftig ausnahmslos innerhalb des ERP-Systems und möglichst innerhalb der angebotenen Standards zu arbeiten.

Artikelnummer nicht benötigt

Eine der speziell benötigten Funktionalitäten für die Unikat- und Variantenfertigung liefert das sogenannte O-Teile-Management. Damit können Artikel auch ohne Artikelnummern durch die Aufträge geführt werden, was die Daueraufgabe der Artikelstammpflege reduziert. Aufgrund der geringen Stückzahlen mit hoher Teilevarianz agiert Afflerbach meist projektbezogen. Statt also Stammdaten wie Artikelnummern zu verwalten, kommt es vielmehr darauf an, neue Projekte mit einem minimalen Set an Daten anlegen zu können, um schnellstmöglich operativ zu werden.

Doch nicht nur Kleinteile bekommen bei Afflerbach keine Artikelnummern, sondern die zu pressenden Bleche selbst. Für diese wird stattdessen eine Bezeichnung generiert, die Aufschluss über ihre Form, das Material und die Maße gibt, etwa ‚Klöpperboden, 1000 x 10 aus P265GH‘. Das Material wird einmal im Wareneingang gebucht. Weil es dabei automatisch der Auftragsposition zugeordnet wird, entfällt die spätere Entnahmebuchung.

Bis zu 250.000 Böden pro Jahr

200.000 bis 250.000 Böden presst das Westerwälder Unternehmen pro Jahr. Um die projektbezogenen Anfragen digital abbilden und schnellstmöglich verbindliche Angebote unterbreiten zu können, kommt bei Afflerbach der AMS-Produktkonfigurator zum Einsatz, ein Muss-Kriterium im Rahmen der ERP-Implementierung. „Die Verkürzung der Angebotserstellung war eines unserer Hauptanliegen, denn je mehr Zeit wir dafür aufwenden, desto wahrscheinlicher ist der Auftrag bereits anderweitig vergeben“, skizziert Stefan Reuter die Ausgangslage. Der Konfigurationsprozess gestaltet sich heute wie folgt: Die Vertriebsmitarbeiter legen die Angebotspositionen an und gelangen über die sich daraus ergebende Stammstückliste in eine Maske, in der sie das Produkt anhand seiner Merkmale (Form, Dicke, Durchmesser, Material) beschreiben. Daraus generiert der Konfigurator automatisch sowohl die Produktbezeichnung als auch einen Produkttext, der als Angebots- und später auch als Auftragsbestätigungstext verwendet wird. Gleichzeitig werden die Angebots- und die Auftragsstücklisten erstellt, wobei sich aus den Angebotsstücklisten die Arbeitspläne mit sämtlichen Arbeitsgängen ergibt, die wiederum die prognostizierten Fertigungszeiten an den einzelnen Arbeitsplätzen enthalten.

Somit sind auf Basis der Stücklistenpositionen aus der Angebotsstückliste die Fertigungs- und Materialkosten bekannt. Wird das Angebot dann in einen Auftrag überführt, wird die Angebotsstruktur auch für die Auftragsstücklisten verwendet, woraus sich dann das jeweilige Arbeitspapier ergibt. Die resultierende Struktur kann bei Bedarf durch die Techniker in der Arbeitsvorbereitung noch ergänzt werden, beispielsweise textlich oder auch durch einen weiteren Arbeitsgang. Die Zusätze sollen allerdings so gering wie möglich gehalten werden, da das Angebot auf der in den Auftrag kopierten Struktur basiert. Dies ist in etwa für Dreiviertel der Kundenanfragen ausreichend. Die Pflege des Konfigurators erfolgt eigenständig mit den entsprechenden Programmierkenntnissen. Insgesamt können die Vertriebler laut eigenem Bekunden in der Angebotserstellung heute schneller agieren als vorher.

Zusätzliche Effekte

Weil Afflerbach überwiegend für die Druckbehälterbranche produziert, benötigen alle gepressten Materialien – also die Bleche – Materialzeugnisse, die ihre Beschaffenheit nachweisen. Zudem muss eine Dokumentation erstellt werden. Hier wurde eine Möglichkeit geschaffen, nicht nur Angebote, sondern auch die Abnahmeprüfzeugnisse schneller erstellen zu können. Die Idee war, die Informationen zu den einzelnen Chargen, die den jeweiligen ERP-Buchungen zugeordnet sind, direkt in die zugehörigen, obligatorischen Zeugnisse zu übernehmen. Die Umsetzung gelang über ein eigens erstelltes Reporting. Darüber hinaus kommt zur automatisierten Zusammenführung aller auftragsbezogenen Zeichnungen und Dokumente das AMS.Compendium zum Einsatz, was einen zusätzlichen Geschwindigkeitsgewinn bedeutet.

Immer auf aktuellem Stand

Der Systemwechsel, der auch die Integration sowohl des Finanz- und Rechnungswesenmoduls als auch des Dokumenten-Managements beinhaltete, zeigt positive Effekte: Mittlerweile wird jeder Arbeitsgang über die im Betrieb verteilten AMS-Terminals digital an- und wieder abgemeldet. Somit befinden sich alle benötigten Auftragszeiten im System, was sowohl eine mitlaufende als auch eine nachgelagerte Kalkulation ermöglicht. Nachkalkulationen müssen nicht mehr manuell aufbereitet werden. Der Stand der Auftragsabwicklung ist immer zeitnah einsehbar.

Die Projektabwicklung gestaltet sich laut Projektleiter Reuter einfacher und transparenter, weil die Mitarbeitenden schneller an Informationen und Daten gelangen können. Als nächsten Schritt hat Afflerbach die Weiterentwicklung eines internen Betriebs-Controllings ins Auge gefasst. Diese erfolgt mithilfe der Business-Intelligence-Lösung AMS.BI, die zusätzliche Transparenz verspricht.







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