Forschungsprojekt Wertstromkinematik
Produktivität und Flexibilität verbinden
Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt ein Forschungsteam gemeinsam mit Industriepartnern ein neuartiges Produktionsplanungssystem, das die hohe Produktivität und Genauigkeit von Spezialmaschinen mit der Flexibilität von Industrierobotern kombinieren soll.
Der Thin[gk]athon, veranstaltet vom Smart Systems Hub, vereint kollaborative Intelligenz und Industrie-Expertise, um in einem dreitägigen Hackathon innovative Lösungsansätze für komplexe Fragestellungen zu generieren. ‣ weiterlesen
Unternehmen, die ihren Produkten eine größere Variantenvielfalt anbieten, haben einen Wettbewerbsvorteil, aber ihre Preise müssen sich häufig mit denen von Konkurrenzprodukten aus hocheffizienter, automatisierter und starrer Produktion messen. Sie stehen dann vor der Wahl zwischen starren Produktionslinien bei hoher Produktivität oder flexibler Fertigung mit niedriger Effizienz. Das Forschungsprojekt Wertstromkinematik hat es sich zum Ziel gesetzt, diesen Zielkonflikt aufzubrechen und hohe Flexibilität mit hoher Produktivität zu verbinden. „Geeignete Produktionssysteme, die sich durch hohe Flexibilität und hohen Automatisierungsgrad gleichermaßen auszeichnen, existierten bisher nicht oder nur in Ansätzen. Unser Ansatz schließt diese Lücke“, sagt Edgar Mühlbeier vom WBK Institut für Produktionstechnik des KIT. Dort koordiniert der Maschinenbauer mit dem Schwerpunkt Steuerungstechnik die Entwicklung des Produktionssystems. Es kombiniert Produktivität und Präzision von Spezialmaschinen mit der Flexibilität von Industrierobotern.
Innovationstreiber Thin[gk]athon: Kollaborative Intelligenz trifft auf Industrie-Expertise
Frei konfigurierbare Einheiten
Das System ist aus mehreren einheitlichen und frei konfigurierbaren Einzeleinheiten (Kinematiken) aufgebaut. Sie führen die in der Robotik üblichen Handhabungsaufgaben aus und sind darüber hinaus in der Lage, diverse Fertigungswerkzeuge anzudocken, um Prozesse wie Montage, additive Fertigung, Trenn- und Fügeverfahren sowie Zerspanungsaufgaben und Qualitätssicherung vollautomatisch und innerhalb eines vielschichtigen Produktionsflusses selbst auszuführen. „Dieser Aufbau ermöglicht eine häufige und flexible Neuanordnung des Produktionssystems, ohne dass kostspielige zusätzliche Anlagen hinzugekauft werden müssen“, so Mühlbeier. Um diese anspruchsvollen Aufgaben zu lösen, gilt es, das neue System auf verschiedene Weisen gegenüber herkömmlichen Vertikalknickarmrobotern zu optimieren, insbesondere hinsichtlich ihrer Steifigkeit.
Die Forscher wollen mithilfe verschiedener Getriebetechnologien und Software-Unterstützung zum Beispiel eine auf wenige hundertstel Millimeter genaue Bahnführung beim Fräsen erreichen. Dabei müssen die einzelnen Arbeitsschritte wie die Schnittgeschwindigkeiten und der Krafteinsatz genauestens geplant werden. „Die Besonderheit unseres Produktionssystems ist: Die einzelnen Einheiten lassen sich koppeln, um zu kooperieren und so die heutigen Spezialmaschinen für bestimmte Aufgaben und Prozesse zu ersetzen“, erläutert Mühlbeier. Nach Erledigung der Aufgabe lassen sie sich wieder entkoppeln und getrennt einsetzen. Auf diese Weise könnten Unternehmen die Zahl der – oft sehr kostspieligen – Produktionsmaschinen senken.
Engineering Plattform
Die schnelle, einfache und exakte Positionierung der flexiblen Wertstromkinematiken im Raum ermögliche ein Raster, das sich über die gesamte Produktionsfläche erstrecke, so Mühlbeier. Der Aufbau des Produktionssystems kann so erheblich beschleunigt werden. Um die Planungs- und Inbetriebnahmezeit deutlich zu verkürzen, soll zudem eine webbasierte Engineering-Plattform die Ingenieure unterstützen. Das Produktionssystem wird gemeinsam mit den Industriepartnern Siemens und GROB entwickelt.