Weil Blockchain nicht gleich Bitcoin ist

Die Blockchain im Dienst der Produktion

Industrielle Fertigungs- und Prozessindustrie bieten eine breite Palette an Potenzialen und Herausforderungen, die sich grob in drei Anwendungsfelder aufteilen lassen. Jedes Anwendungsfeld beinhaltet mehrere spezifische Anwendungen. (Bild: Hochschule Darmstadt)
Industrielle Fertigungs- und Prozessindustrie bieten eine breite Palette an Potenzialen und Herausforderungen, die sich grob in drei Anwendungsfelder aufteilen lassen. Jedes Anwendungsfeld beinhaltet mehrere spezifische Anwendungen. (Bild: Hochschule Darmstadt)

Zwischen Euphorie und Skepsis

Die Erwartungshaltung an die Blockchain-Technologie schwankt zwischen Euphorie und großer Skepsis. Beide Pole haben ihre Berechtigung. Einerseits verspricht die Technologie das Paradigma zu ändern, wie Unternehmen und Privatpersonen mit Daten umgehen. Die Blockchain kann effizienten Austausch der Daten zwischen Unternehmen ermöglichen und damit in der Theorie als Gegenentwurf zu dem Datenmonopol der Faang-Unternehmen (Facebook, Amazon, Apple, Netflix, Alphabet/Google) stehen. Auch wenn diese Vorstellung etwas utopisch klingen mag, so ist die selbstbestimmte Identität (self-sovereign identity) ein wichtiges Instrument der dezentralisierten Datennutzung, welches sich auch bereits in Anwendung findet. Diesem Potenzial steht jedoch entgegen, dass nach fast 13 Jahren seit der Veröffentlichung des Bitcoin-Whitepapers die Spekulation mit volatilen Kryptowährungen die einzige massentaugliche Anwendung der Blockchain zu sein scheint. Tatsächlich ist die Anwendung der Blockchain eine wichtige und disruptive Option für die herkömmlichen zentralisierten Infrastrukturen. In vielen Fällen reicht statt der Anwendung der Blockchain eine einfache Cloud-Lösung, eine Datenbank mit eingeschränkten Bearbeitungsbefugnissen oder eine verteilte Datenbank. Die Blockchain kann in diesen Fällen dazu beitragen, um sich aus einem anderen Blickwinkel mit der bestehenden Infrastruktur zu beschäftigen und zu hinterfragen, ob man alle Datenpotenziale in seinem Unternehmen optimal ausschöpft.

Automatisierte Kontrollinstanz

Noch wichtiger ist es zu verstehen, dass die Blockchain als automatisierte und effiziente Kontrollinstanz jeweils dort Sinn macht, wo mehrere Parteien, die voneinander abweichende Interessen haben könnten, gemeinsam arbeiten wollen. Dieses Potenzial wurde von EY’s Global Innovation Leader Paul Brody auf den Punkt gebracht: „Was ERP für das einzelne Unternehmen getan hat, kann Blockchain für die gesamte Lieferkette tun.“ Das ist besonders für Branchen- und industrieübergreifende Netzwerke und Konsortien relevant und erfordert neutrale Plattformen, wo Mittelstand untereinander und zusammen mit den Startups ohne Berührungsängste zusammenkommen kann, um gemeinsame Geschäftsideen zu diskutieren und mit einem Proof-of-Concept oder einem Pilotprojekt auszuprobieren.

Von moderat bis radikal

Die Potenziale in der Fertigungs- und Prozessindustrie durch die Blockchain-Technologie sind sowohl technologisch als auch aus Marktsicht immens. Die anvisierten Anwendungen und Innovationen der Blockchain sind teilweise weniger radikal und optimieren und verbessern Prozesse aus Effizienz- und Qualitätssicht. Dazu gehören sicherlich Nachverfolgung und Nachweisbarkeit in Produktionsprozessen und Lieferketten, die Erstellung digitaler Zwillinge bis hin zur Bekämpfung von Produktfälschungen. Teilweise gibt es aber auch radikalere Innovationen basierend auf einem technologischen Fokus im Bereich Daten- und Maschinenzugriffe. Diese werden die Bereiche Prozessverfolgung, Prozessoptimierung, Produktionssicherheit und Qualitätsmanagement verändern und verbessern. Zur dritten Gruppe gehören dann die radikaleren, mitunter disruptiven Innovationen, die mit Hilfe der Blockchain-Anwendung serviceorientierte und nutzungsbasierte Geschäftsmodelle, Marktplätze für den Verkauf von Daten, Bezahlsysteme für Kleinstbeträge und die Tokenisierung der Vermögensgegenstände ermöglichen.

Oft fehlt der Zugang

Die Herausforderung dabei liegt allerdings im Zugang zur Bockchain-Technologie. Vor allem da es sich ähnlich wie bei dem Themenfeld künstliche Intelligenz um eine sehr komplexe, schwer vorstellbare Technologie handelt. Die Bekanntheit der Technologie in Verbindung mit dem Finanzsektor und die darin begründete Entfernung vom informations- und vor allen ingenieurwissenschaftlichen Bereich verstärkt diesen Effekt. Der Hype um die Kryptowährung Bitcoin, hat die Technologie weit vom ingenieurlastigen Mittestand entfernen lassen. Hinzukommt, dass der Klein- und Mittelstand ja auf dem Weg zur Blockchain noch in und mit der digitalen Transformation beschäftigt ist. Demzufolge käme Schritt 2 vor Schritt 1, wobei für Schritt 1 schon oft die Zeit, die Ressourcen und das Verständnis fehlen.







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