Je größer das Unternehmen, desto wichiger sind Enterprise-Resource-Planning-Systeme für die Gestaltung der Kundenbeziehungen. Das System dient dabei als Plattform zur Verbindung von Back-Office mit Front Office. Bild: IDC Manufacutring Insights 2013

Unterschiedliche Ansprüche an das Unternehmenssystem

In der IDC-Untersuchung zeigt sich bei der Frage, welche Rolle ERP für verbesserte Kundenbeziehungen spielt, ein unterschiedlicher Grad an kundenorientierter Unternehmenskultur. Einig sind sich die befragten Unternehmen darin, dass ERP Prozesse mit Zulieferern und Kunden unterstützt und rationalisiert. Darüber hinaus wird jedoch deutlich, dass große Firmen eher auf Optimierung abzielen und nach ‚operational excellence‘ streben sowie einer verbesserten Sicht auf ihre Geschäftstätigkeiten. Kleinere Unternehmen legen ihr Augenmerk hingegen stärker auf Effekte zur schnelleren und besseren Entscheidungsfindung. Weiterhin ergab die Studie, dass bei großen Unternehmen das ERP an vorderster Stelle steht, wenn es um die Pflege der Kundenbeziehungen geht – noch vor Systemen für Customer Relationship Management (CRM). Je kleiner ein Unternehmen ist, umso weniger wichtig wird das datenführende System für CRM-Aufgaben eingeschätzt. Das Umfrageergebnis kann als Hinweis darauf gewertet werden, dass die Verbindung der Unternehmens- und Produktionsprozesse mit den Anforderungen der Kunden bei vielen kleinen Betrieben technisch kaum abgebildet werden. Damit fehlt mitunter eine Grundlage, um eine systematische, abteilungsübergreifende Entwicklung hin zu einer kundenorientierten Unternehmenskultur vollziehen zu können. Denn die Integration von CRM-Funktionalitäten in ERP-Workflows kann wesentlich dazu beitragen, Antwortzeiten für verlässliche Vereinbarungen und Liefertermine zu verkürzen. „Es geht zudem darum, Engpässe in Echtzeit zu erkennen und schnell Alternativszenarien zu analysieren, die Kundenerwartungen ebenso berücksichtigen wie auch Einschränkungen durch Zulieferer oder Produktionsprozesse“, ergänzt Stehlik.



Autorin Gisela Knabl

Geschäftschancen analytisch erkennen und ausschöpfen

Um Kundenservice mit hoher Wertschöpfung identifizieren zu können und gleichzeitig konsequent Kostenkontrolle zu betreiben, ist IT-Integration demnach in der Regel unverzichtbar – von Produktion bis Kundenservice, von Finanzwesen bis Logistik, von Produktentwicklung bis Vertrieb. Erst wenn Kundeninformationen an einem Ort zusammengeführt werden, können Unternehmen einen umfassenden Einblick in Kundenverhalten, -wert und -trends gewinnen sowie Zusammenhänge mit eigenen Ressourcen, Synergieeffekten und Entwicklungsmöglichkeiten erkennen. Zudem ermöglichen integrierte Geschäftsprozesse dem Unternehmen, zentrale Echtzeitdatenbanken zu schaffen, um Vertriebszyklen, Absatzmöglichkeiten und Umsatzquellen anhand von Leistungsindikatoren in der Gesamtsicht zu analysieren und daraus Geschäftschancen zu identifizieren.

Software als strategisches Werkzeug: Anbieter in der Pflicht

Vergleichsweise einig waren sich Unternehmen aller Größen in ihren Erwartungen an ein ERP-System, wie sein Beitrag zur Verbesserung der Kundenbeziehungen aussehen könne: Als wichtigster Aspekte wurde der Zugang zu präzisen Kundendaten in Echtzeit und die Optimierung der abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit im Unternehmen genannt. Die befragten Unternehmen hatten außerdem ähnliche Vorstellungen, was für die Verbesserung von Kundenbeziehungen relevant sei. Mehrheitlich wünschten sich die Umfrageteilnehmer den Zugriff auf eine IT-Umgebung, die schnellere Reaktion auf Kundenanforderungen ermöglicht und somit zu einer Erhöhung des Servicelevels beiträgt. Insgesamt zeigt sich in der Studie eine relativ gleichmäßige Gewichtung von Erwartungen im Hinblick auf vereinfachte Prozesse, schnellere Entscheidungsfindung, bessere Sicht auf die gesamte Wertschöpfungskette sowie Datenanalysen aus Kundeninteraktionen.

„Es sind die vielen kleinen, miteinander vernetzten Stellschrauben, die Kundenbeziehungen beeinflussen: Kurze Antwortzeiten sind nur dann attraktiv, wenn die Antwort auch verlässlich und für den Kunden hilfreich ist. Echtzeitdaten aus der Produktion führen nur dann zu Mehrwert, wenn daraus ein Vorteil für den Kundenservice abgeleitet wird“, erklärt Stehlik. Auch wenn das Bewusstsein dafür bei allen Unternehmen vorhanden sei, investierten größere Unternehmen konsequenter in den technischen Vorsprung. Bei entsprechenden Projekten stehen allerdings insbesondere große Unternehmen vor Schwierigkeiten, ihre Geschäftsprozesse schnell an Veränderungen anzupassen – dies fällt kleinen Betrieben vielfach leichter. Wenn Firmen solche Agilität nicht konsequent in Wettbewerbsvorteile verwandeln können, liegt das meist am geringen Budget, das umfangreichere Initiativen verhindert. Die Umfrageergebnisse lassen zudem erkennen, dass die Vernetzung der internen Abläufe mit den Prozessen nach außen noch Optimierungsbedarf aufweist. Besonders wichtig sei dabei die Verknüpfung der ERP- mit den CRM-Systemen, da die dort zusammenfließenden Informationen unmittelbaren Einfluss auf die Wertschöpfung haben können. Aus Stehliks Sicht stehen Anbieter daher vor der Aufgabe, Lösungen zu schaffen und weiterzuentwickeln, die der Bedeutung von ERP-Systemen als strategisches Werkzeug für die Unternehmensführung gerecht werden.