Zusammen am Produkt der Zukunft arbeiten

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An Manufacturing-X beteiligen sich derzeit insbesondere die Bundesregierung, Branchen- und Berufsverbände wie VDMA, ZVEI, VDI und Bitkom sowie etwa die Fertigungs- und IT-Unternehmen Bosch, DMG Mori, SAP, Siemens, Telekom und Trumpf. Unterstützt werden sie von verschiedenen Forschungseinrichtungen. Es gibt gute Gründe für diese Kooperation, denn ohne eine gemeinsame Datenökonomie kratzen die meisten Digitalisierungsprojekte an der Oberfläche und führen nicht viel weiter als bis ans eigene Werkstor.

Europäisches Großprojekt

Manufacturing-X reiht sich ein in die großen X-Initiativen, die Europa als Datenökonomie voranbringen sollen, und sie profitiert von den darin bereits entwickelten Grundlagen. Zur Erinnerung: Gaia-X ist die europäische Plattform zum Austausch von Daten, von Deutschland und Frankreich 2019 initiiert und im Februar 2021 in Brüssel ins Leben gerufen. Catena-X ist das speziell für die Automobilindustrie im Mai 2021 als Verein gegründete Pendant. Die mittlerweile auf 160 Mitglieder angewachsene Organisation schuf damit früh eine Infrastruktur, um Daten innerhalb eines branchenspezifischen Wertschöpfungsnetzwerks sicher, selbstbestimmt und schnell auszutauschen. Das BMWK will für die X-Initiativen viel Geld in die Hand nehmen. Für Catena-X sind 250 Millionen Euro an Zuschüssen vom BMWK im Gespräch und für Manufacturing-X wurden in einem ersten Schritt im April 2023 rund 150 Millionen Euro zugesagt.

Digitale Transformation neu definiert

Die digitale Transformation hat in den vergangenen zehn Jahren die Bedürfnisse des Kunden ein Stück zurückgestellt. Der Fokus lag oft eher auf der eigenen Produktionslandschaft. Wandel wird allerdings nicht nur in der Fabrikhalle, sondern maßgeblich außerhalb der Fabriktore, insbesondere in Datenräumen stattfinden. Dabei ist Manufacturing-X mehr als ein solcher förderativer Data Space für das produzierende Gewerbe. Neben dem sicheren Teilen von Daten soll nach dem Bitkom-Positionspapier zu Manufacturing-X auch eine Struktur für ‚Services, etwa zur Datenveredelung, Anonymisierung, Datenvalidierung oder Überwachung von Compliance‘ geschaffen werden.

80 Prozent der Industriedaten ungenutzt

Als juristische Grundlage zum Datenaustausch hat das Europäische Parlament den EU Data Act auf den Weg gebracht. Um eine höhere Wertschöpfung aus Daten zu erreichen, regelt die EU-Verordnung den Datenaustausch und die Datennutzung zwischen Unternehmen, Verbrauchern und öffentlichen Einrichtungen, um so für Fairness und Rechtsicherheit zu sorgen. So sollen bislang private Data Lakes geöffnet werden, damit sich die Infrastrukturen Catena-X, Manufacturing-X und andere X-Inititativen wertschöpfend und sicher mit Daten anreichern lassen. Das Potenzial ist riesig – nach Angaben der Europäischen Komission sind 80 Prozent der in der Industrie erhobenen Daten noch ungenutzt. Die EU rechnet vor, dass darin ein Volumen von 270 Milliarden Euro an zusätzlicher Wertschöpfung bis etwa 2028 liegen könnte.

Digitale Geschäftsmodelle

Eine Veröffentlichung von McKinsey, die im Auftrag des VDMA erstellt wurde, sieht die Digitalisierung des Maschinenbaus in zwei Bereiche geteilt: in die Plattform- sowie die Anwendungsebene mit ihren Services. Diese werden auch als digitale Wertschöpfungsketten dargestellt, in denen Daten analysiert, ausgewertet oder zu neuen Services konfiguriert werden. Damit können dann leicht nutzbare ‚Industrie-Apps‘ oder ‚zubuchbare‘ Services für Betreiber einer Produktionsmaschine zur Verfügung gestellt werden. Das vertrauenswürdige System soll in förderativen Datenräumen agieren können, um Betreibern Nutzen zu stiften.

Nützlich für CO2-Bilanzierung und Lieferkettengesetz

Um die Klimaziele umzusetzen, müssen Unternehmen Regulierungen von Bundes- bis EU-Ebene umsetzen, inklusive einer Nachhaltigkeitsberichterstattung. Ein gemeinsamer Datenraum kann Firmen benötigte Daten schneller zusammenzutragen. Dasselbe gilt für das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, nach dem Unternehmen auch ESG-Aspekte ihrer Lieferanten verantworten müssen. Es verpflichtet sie, Menschenrechtsverletzungen und Umweltschädigungen in der eigenen Geschäftstätigkeit oder der Zulieferer zu finden und ihnen zu begegnen. Neben dem Risikomanagement ist Dokumentation nötig. Sie enthält Prozesse, Risikoanalysen, Präventionsmaßnahmen, Verstöße, Abhilfemaßnahmen und Hinweise, die über das einzurichtende Beschwerdeverfahren eingehen.

Zukunftsfähiges Werkzeug

Mit Manufacturing-X sollen Unternehmen Werte aus ihren Daten ziehen können sowie resilienter und nachhaltiger werden. Das soll die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft steigern und gleichzeitig Wege zur nachhaltigen Produktion öffnen: Ohne übergreifende Datenräume rücken beispielsweise eine produktspezifische CO2-Datenermittlung und die nächsten Schritte zur Kreislaufwirtschaft deutlich weiter weg.