Von Plastikspielzeug und Pflanzgefäßen

Der Einsatz von Manufacturing Execution-Software bei Geobra Brandstätter zeigt, wie wichtig Transparenz für die Produktion ist: Durch den Zugriff auf Betriebs- und Maschinendaten sowie die Nutzung der grafischen Feinplanung im Leitstand konnten signifikante Steigerungen in Produktivität und Effizienz erzielt werden.

Bild: Gebora Brandstätter GmbH & Co.KG

Unter dem Firmennamen Geobra Brandstätter GmbH & Co. KG können sich wahrscheinlich die wenigsten etwas vorstellen. Der Markenname Playmobil hingegen ist weltweit bekannt. Neben dem beliebten Kunststoff-Spielzeug stellt Geobra Brandstätter seit dem Jahr 2000 unter dem Markennamen Lechuza auch hochwertige Pflanzgefäße mit Erdbewässerung her. Das stetig wachsende ‚zweite Standbein‘ entwickelt sich mehr und mehr zum gleichwertigen Geschäftsbereich und erreichte 2011 einen Umsatz von 45,6 Millionen Euro. Der heutige Inhaber Horst Brandstätter hatte schon immer ein Gespür für Markttrends: Das Unternehmen entwickelte bereits Anfang der 70er-Jahre das heute unter dem Namen Playmobil bekannte Spielzeug aus Kunststoff – zu einer Zeit, in der die meisten Mitbewerber noch auf Holz oder Metall setzten. Auch die Lechuza Pflanzgefäße erfreuen sich mittlerweile weltweiter Beliebtheit. Im Stammwerk im fränkischen Dietenhofen arbeiten etwa 1.200 Mitarbeiter. Dort befindet sich neben dem zentralen Hochregallager auch eine der größten und modernsten Kunststoffspritzereien in Europa. Außerdem gibt es Werke auf Malta, in der Tschechischen Republik und in Spanien. Zusammen mit der Firmenzentrale in Zirndorf kommt das Unternehmen so auf gut 3.500 Mitarbeiter. In Zirndorf sind neben der Entwicklungsabteilung auch zentrale Funktionen wie Vertrieb, Marketing und Kundenservice angesiedelt.

Vom Pflichtenheft zur Systemeinführung

Die Anforderungen an die Produktion stiegen im Laufe der vergangenen Jahre deutlich an: Insgesamt mussten Flexibilität und Produktivität signifikant gesteigert werden, um den ständig wachsenden Absatz bedienen zu können. Anfang 2011 wurde daher die Entscheidung getroffen, ein Manufacturing Execution-System (MES) einzuführen. Hiervon erwartete man sich nicht nur Vereinfachungen bei der Feinplanung, sondern auch eine Steigerung der Transparenz in der Produktion. Für den Wechsel von der Planung per Excel-Tool zu einem Manufacturing Execution-System waren sowohl die Anbindung an das Enterprise-Resource-Planning-System (ERP) als auch an die Maschinen eine Voraussetzung. Um größtmögliche Akzeptanz der Mitarbeiter für das neue System zu erreichen wurde eine Übergangszeit geplant, in der sowohl die alte Planungsweise als auch das MES genutzt werden konnten. Außerdem wurde die Einführung der grafischen Plantafel des Systems in zwei Schritten geplant: Zuerst manuell und dann weitgehend automatisch. Im Rahmen einer ausführlichen Marktanalyse wurde die MPDV Mikrolab GmbH als MES-Anbieter ausgewählt. Insbesondere das Branchenwissen des Anbieters im Bereich Kunststoffverarbeitung war für Rüdiger Maderer, Leiter Arbeitsvorbereitung und Projektleiter bei Geobra Brandstätter, ein wichtiges Auswahlkriterium. Zudem war der modulare Ansatz des eingesetzten MES Hydra ausschlaggebend für eine schnelle Entscheidung und einen raschen Fortgang im Projekt. Zusammen mit dem Anbieter wurde bis Ende 2011 ein Pflichtenheft erstellt, bevor im Januar 2012 dann mit der Einführung gestartet wurde.

Maschinenauslastung im Fokus

Im ersten Schritt wurde die Software mit den Modulen Betriebsdaten (BDE), Maschinendaten (MDE), Leitstand (HLS) und Einstelldaten (DNC) eingeführt. Gestartet wurde das Projekt mit der Spritzerei ‚Halle 2‘ mit 64 Maschinen. Bis Ende 2012 wurden alle etwa 400 Spritzgussmaschinen im Stammwerk in Dietenhofen angebunden. Die BDE-Terminals wurden so aufgestellt, dass die Bedieneraktionen in der Nähe der Maschinen stattfinden können. Bis zu acht Maschinen werden nun über ein BDE-Terminal bedient. Der Maschinenbediener kann so mit wenigen Handgriffen Arbeitsgänge vor Ort anmelden und Aufträge, Maßskizzen und illustrierte Prüfanweisungen am Terminal anzeigen. Durch die Maschinenanbindung werden sowohl dem Bediener als auch dem Fertigungsplaner in Echtzeit Informationen über den Auftragsfortschritt angezeigt. Zudem werden Maschinenstillstände automatisch erkannt, angezeigt und ausgewertet. Bei längeren Stillständen wird der Bediener aufgefordert, den Störungsgrund anzugeben. Die automatische Mengenerfassung dient dem Werker als Plausibilitätsprüfung bei der Rückmeldung von Gutmengen und Ausschuss. Diese Rückmeldungen werden zusammen mit der automatisch ermittelten offenen Menge für die Errechnung der Restlaufzeit verwendet und ermöglichen eine dynamische Planung nachfolgender Arbeitsgänge. Dies wiederum hilft dem Planer, die Maschinen möglichst optimal auszunutzen. Wie in der Kunststoffbranche üblich, wird auch bei Geobra mit Mehrfachwerkzeugen gearbeitet. Muss etwa eines der bis zu 32 Nester im Werkzeug gesperrt werden, kann der Werker die Teiligkeit am Terminal ändern, um die Ermittlung der richtigen Stückzahlen und Restlaufzeit sicherzustellen.