DMS-vernetzte Prozesse

Bild: Smart-PLM Aigner GmbH & Co. KG

Die Otto Bihler Maschinenfabrik entwickelt seit mehr als 70 Jahren Automationssysteme. Mit diesen fertigen Kunden Stanzbiegeteile aus Band und Draht sowie Baugruppen für verschiedene Branchen. „Einige der Maschinen bleiben 40 Jahre im Einsatz“, berichtet Alexandra Blümle, Abteilungsleiterin Digitalisierungsprojekte bei Bihler. Es sei wichtig, dass sich die Kollegen für die Wartung einen schnellen Überblick über den gesamten Projektverlauf verschaffen können. Zusammen mit dem Unternehmen ist auch die IT gewachsen – auch mit unterschiedlichen Eigenentwicklungen. Für ein transparentes Wissensmanagement war dies nicht gerade förderlich. Im Rahmen ihrer Digitalisierungsstrategie verfolgt Bihler das Ziel einer unternehmensweit konsistenten Systemarchitektur. 2019 führte das Unternehmen SAP S4/Hana ein.

Bei der Otto Bihler Maschinenfabrik in Halblech entstehen Systeme zur Fertigung von Stanzbiegeteilen für Abnehmer auf der ganzen Welt.
Bei der Otto Bihler Maschinenfabrik in Halblech entstehen Systeme zur Fertigung von Stanzbiegeteilen für Abnehmer auf der ganzen Welt. Bild: Smart-PLM Aigner GmbH & Co. KG

Komplexes Datenmanagement

„Dokumente haben wir zur Verschlankung zunächst bewusst außen vorgelassen – wohlwissend, dass hier auch eine komplexe Aufgabe auf uns zukommt“, sagt Blümle. Die Quellen sollten nah am Geschäftsprozess in einem Dokumentenablagesystem auf SAP-Basis revisionssicher zusammengeführt werden. „Wir wollten die Dokumente mit SAP-Objekten verknüpfen und damit auch einer doppelten Datenhaltung vorbeugen“, sagt Blümle. In einer konfigurierbaren Suche sollten sowohl Business- als auch Fertigungsdokumente in einem System auffindbar sein. Wo der SAP-Standard die Beschreibung jeder einzelnen Datei erforderte, war die Massenanlage mit Verschlagwortung von Dokumenten eine weitere Anforderung. Das ist etwa beim Speichern von Dokumenten aus der Produktion relevant. Außerdem sollte eine Versionierung möglich sein. Hinzu kam, dass Bihler als Sondermaschinenbauer mit Losgröße eins zwei große Konstruktionsabteilungen für Maschinen und Werkzeuge hat, die mit CAD-Software arbeiten. Um diesen Bereich mit dem ERP-System zu verknüpfen, hat das Unternehmen die SAP-Addons Engineering Control Center (ECTR) und Factory Control Center (FCTR) im Einsatz. Sie sind integriert und werden als Dokumenteninfosätze auf dem Content Server abgelegt. Die Ablage als Dokumenteninfosätze wird im ganzen Unternehmen zur zentralen Methode.

Struktur für alle Dokumente

Der Kontakt zu Smart-PLM Aigner entstand 2020 über ein anderes gemeinsames Projekt. Nach einer Online-Demo des Softwareanbieters entschieden die Verantwortlichen bei Bihler, dessen Addon im Rahmen der DMS-Strategie auszurollen. Doch zuvor mussten alle in der Firma eingesetzten Dokumentarten identifiziert werden: Mehr als 400 wurden ermittelt und anschließend in 49 Gruppen strukturiert, etwa in kaufmännische und technische Dokumente. Gleichzeitig wurde ein Berechtigungskonzept erarbeitet, welches über die Dokumentenart gesteuert wird. Die Implementierung der Software erfolgte etappenweise von April bis Juli 2023. „Dafür hatten wir unser Unternehmen entlang der Prozesskette in vier Gruppen aufgeteilt“, sagt Blümle. So war nachvollziehbar, welche Bereiche integriert wurden. „Um die Kollegen bei der Einführung zu unterstützen, hatten wir ein Keyuserkonzept mit Kernteam aufgebaut. Das war auch deswegen sinnvoll, weil die Umstellung in einigen Abteilungen mit einem Wechsel der Arbeitsweise, wie ein Dokument angelegt werden muss, einherging“, sagt Blümle.

Engineering

Inzwischen nutzen etwa 800 Bihler-Mitarbeiter die Software. Das Tool integriert eine adaptive Dokumentenverwaltung über die Dienste zum Objekt in den SAP-Standard. Es kann dort kontextbezogen in beliebige Belege integriert werden. Dabei dockt die Software direkt an die Konstruktionsabteilung an: „ECTR legt Engineering-Dokumente in der gleichen Form wie Smart-PLM [Documents] ab. Da können wir aufsatteln und diese auch anderen Unternehmensbereichen zugänglich machen“, sagt Christian Fürstinger, Senior SAP-Berater bei Smart-PLM Aigner. Das spare anderen Abteilungen auch die Investition in eine ECTR-Lizenz. Zudem bildet das Tool Master-/Non-Masterbeziehungen ab, indem etwa ein 3D-Modell mit den zugehörigen 2D-Zeichnungen verknüpft werden kann. „Das SAP-Dokumentenmanagement legt alle Dokumente mit Bezug zu den korrespondierenden SAP-Belegen ab. Kaufmännische Einkaufsdokumente werden so mit entsprechenden technischen Dokumenten zur Maschine und gemeinsam mit der Bestellung gespeichert“, erläutert Fürstinger, „Verkaufsdokumente verknüpft mit Projekt, Kundenauftrag und Lieferung oder Projektübersicht, Projektplan und Protokolle mit den zugehörigen Fotos.“ Maschinennummer und Projektnummer sind bei Bihler zentrale Informationen für das Dokumentenmanagement: Aus ihr geht hervor, welches Dokument zu welcher Maschine und zu welchem Kunden gehört. Damit alle zusammengehörigen Dateien auf einen Blick auffindbar sind, können sie in einer Dokumentenakte zum Projekt, Equipment oder auch Lieferanten abgelegt werden. Weiterhin verfügt die Software über eine Abo- und Wiedervorlagefunktion, mit der bei Änderung an einem Dokument eine Benachrichtigung erfolgt und Fristen überwacht werden können. Auch eine Duplettenerkennung bringt das DMS mit.

Positive Effekte erzielt

Mit dem einheitlichen Dokumentenmanagement wird es nun für die Kollegen mit wenigen Klicks möglich, sich für die Wartung auch älterer Maschinen einen Überblick zu verschaffen. Nicht zuletzt trägt die digitale Dokumentenverwaltung zur Einhaltung von Lieferfristen bei. So werden Bearbeitungszeiten verkürzt, Wege reduziert und besserer Support ermöglicht. „Den Suchaufwand in verschiedenen Systemen konnten wir mit Smart-PLM [Documents] deutlich reduzieren. Gleichzeitig hat sich auch unser interner Wartungsaufwand verringert, denn wir müssen uns nur noch um ein unternehmensweites Kernsystem kümmern“, fasst Alexandra Blümle zusammen.

Digitale Personalakte

Mit dem Dokumentenmanagement eröffnen sich Bihler viele weitere Möglichkeiten, den Digitalisierungskurs fortzusetzen – weg von den Inselsystemen, hin zum Kernsystem, das alle Unternehmensbereiche effizient miteinander verbindet. Wobei die Übernahme der Altdaten bis heute andauert. „Das sind sehr viele Dokumente, deren technische Integration in der neuen Software noch vorbereitet und vorangebracht wird“, sagt Alexandra Blümle. Aber einen nächsten Meilenstein im Rahmen der Digitalisierungsstrategie hat sie schon im Blick: Die Personalabteilung ist u.a. aus datenschutzrechtlichen Gründen noch nicht auf SAP umgestellt. Hier hat man bereits die digitale Personalakte vor Augen.







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