Weil Produktreife ihre Zeit braucht

Nicht mit der Brechstange in die Cloud

Mehr als 3.700 SAP-Anwenderunternehmen vertritt die DSAG. Viele davon haben ihre Produktionsprozesse bereits digitalisiert. Doch es gibt nach wie vor Hürden – seitens der Anwender und SAP. Welche dies sind und wie sie sich überwinden lassen, beschreibt Michael Moser, Fachvorstand Produktion und Supply Chain Management bei die DSAG.

 (Bild: DSAG Deutsche SAP Anwendergruppe e.V.)
(Bild: DSAG Deutsche SAP Anwendergruppe e.V.)

Produzierende Unternehmen mit SAP-Software im Einsatz bilden ihre Wertschöpfungsketten heute bereits vielfach durchgängig durch das Manufacturing Integration and Intelligence-Modul und die Lagerlogistik mit SAP Extended Warehouse Management (EWM) ab. Die digitale Transformation dieser Produktions- und SCM-Prozesse bedeutet, sie noch intelligenter zu machen, zum Beispiel mittels künstlicher Intelligenz, und sie dadurch zu optimieren. In der Lebensmittelindustrie etwa kann man durch automatische Bilderkennung die Auslastung von Reinräumen, das Gewicht der Produkte, oder ihren Qualitätszustand überwachen. Darauf basierend werden dann korrigierende Maßnahmen eingeleitet wie die Anpassung von Temperatur oder Feuchtigkeit des Raumes. In der Werkzeugproduktion können durch automatische Erkennung der Grammaturen von Fertigungsstücken Größenklassifizierung und Sortierung vorgenommen werden. Oder, ganz aktuell: Mundschutzhersteller können anhand von Fotos überprüfen, ob die Bügel der Masken richtig verschweißt sind und damit Ausschussware reduzieren. Dies setzt allerdings voraus, dass die bestehenden Produktionsprozesse im IT-System durchgängig abgebildet sind. Bei vielen Unternehmen der Fertigungsindustrie ist das noch immer nicht der Fall. Oft sind es nur bestimmte Prozessabschnitte, aber ohne vollständige Digitalisierung auch keine intelligente – im Sinne von KI-gesteuerte – Produktion.

Warum es öfter stockt

Hürden sind zum einen mangelnde Akzeptanz gegenüber Veränderungen und die Unternehmensführung. Dem ließe sich durch richtiges Change Management noch einiges entgegensetzen. Schwerwiegender ist aber, das viele den Nutzen digitaler Technologien nicht erkennen. Sie haben Produktionsmaschinen bereits seit Jahren im Einsatz, die sie noch nicht abschreiben möchten.

Nicht das, was gefragt ist

SAP will diese Hürden abbauen. Der ERP-Softwareanbieter deckt mit seinen Technologien heute weite operative Teile der Fertigungsindustrie ab und bietet interessante Services für produzierende Unternehmen im Bereich Machine Learning und KI. In den vergangenen Jahren hat SAP außerdem viel Energie in seine Cloudlösungen gesteckt. Doch sie sind noch immer nicht das, was am Markt gefragt ist. Kundenspezifische Ergänzungen sind in der Cloud nur begrenzt möglich. Hemmschuhe sind außerdem umfangreiche Sicherheitsrichtlinien und die häufigen Release-Zyklen der SAP. Die DSAG ist hierzu mit SAP im Austausch. Funktionen müssen Zeit zum Wachsen erhalten und wirklich zu den Anforderungen der Fertigungsindustrie passen. Bei der SAP Manufacturing Cloud z.B. zeigt sich, dass Produkte nicht von heute auf morgen reifen. Die User-Interface-Technologie gilt mittlerweile als überholt und die Schnittstellen funktionieren noch nicht reibungslos – Herausforderungen, derer sich SAP bewusst ist. Nicht alle Anwenderunternehmen sehen daher heute bereits die Vorteile in den SAP-Cloudlösungen. Hier braucht es schlichtweg noch Zeit. Und SAP muss akzeptieren, dass On-Premise in Branchen mit hoher Prozesskomplexität in Produktion und Supply Chain Management weiterhin eine hohe Relevanz behält.







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