IndiKar ist Spezialist für Individualfahrzeugbau und Teil der Welp Group, einer internationalen Unternehmensgruppe mit mehr als 800 Mitarbeitern. Als Systemlieferant verknüpft das Unternehmen den klassischen Prototypenbau mit den Ansprüchen einer OEM-Serienfertigung.
Die Ausgangssituation
Bei IndiKar müssen Werker diverse Baugruppen präzise positionieren – bei einer Vielzahl an Varianten bis hin zu Einzelstücken kein leichtes Unterfangen. Vor allem beim Karosseriebau von Sonderschutzfahrzeugen ergeben sich weitere Herausforderungen: Zur akkuraten Positionierung der Bolzen auf den Karosserien müssen Schablonen produziert werden. Diese sind wegen der geringen Losgröße sehr kostenintensiv und müssen jeweils einzeln angefertigt werden. Auch die Lagerhalterung mit zusätzlichen Kosten und Platz muss mit einkalkuliert werden. IndiKar setzte sich das Ziel, Bolzenpositionen und andere Positionierungshilfen direkt digital auf der Karosserie anzuzeigen, ohne Zuhilfenahme von Schweißschablonen. Um Kosten zu senken, Zeit zu sparen und letztendlich die Qualitätskontrolle zu erleichtern, entschied sich der Sonderfahrzeugbau-Spezialist für das Werklicht-System von Extend3D. Durch die Flexibilität des Systems wurden dabei die Anwendungsgebiete sukzessive erweitert.
Keine Schablonen
Das auf einem fahrbaren Stativ montierte Werklicht-Pro-L-System inklusive Software erlaubt es, Bolzen akkurat rund um die Karosserie zu positionieren. Schablonen werden nicht benötigt. Zudem lassen sich Schraubpunkte zusätzlicher Bauteile im Fahrzeug anzeigen. In beiden Fällen wird der Werker von einem grünen Fadenkreuz angeleitet, das dynamisch die Position aller zu montierenden Teile anzeigt. Ferner kommt das System bei der Herstellung von Langlimousinen zum Einsatz. Bei dieser Fahrzeugart müssen die Fahrzeugkarosserie und die Türen oft verlängert werden und in die Kurvenform des Fahrzeugs hineinpassen. Das Werklicht-System projiziert die sogenannte Tornadolinie auf das Fahrzeug, sodass die Tür perfekt eingestellt werden kann. Nach der Lackierung präsentiert sich das Fahrzeug optisch wie ein Serienfahrzeug. Der Unterschied zu den vorherigen Anwendungsfällen liegt darin, dass es keine punktuelle Darstellung für Bolzen- oder Schraubpunktpositionen gibt – stattdessen wird eine Designlinie projiziert. Die mitgeliferte Software erlaubt, neue Karosserielinien nach Bedarf einzupflegen. Sollte die passende Konturlinie im CAD-System bereits hinterlegt sein, lässt sich diese auswählen und auf das Bauteil projizieren. Der Thin[gk]athon, veranstaltet vom Smart Systems Hub, vereint kollaborative Intelligenz und Industrie-Expertise, um in einem dreitägigen Hackathon innovative Lösungsansätze für komplexe Fragestellungen zu generieren. ‣ weiterlesen
Innovationstreiber Thin[gk]athon: Kollaborative Intelligenz trifft auf Industrie-Expertise
Bauteile positionieren
Aufgrund der Erfahrung mit dem Werklicht-Pro-L-System entstand die Idee, dieses auch zur Bauteilpositionierung einzusetzen. Das Unternehmen startete eine erste Erprobungsphase, um etwa Türverstärkungen zur Basistür zu positionieren unter Einsatz von zwei sogenannten DRO-Fenstern, welche in Echtzeit die aktuellen xyz-Werte im Fahrzeugkoordinatensystem auf dem Bildschirm darstellen. Dies ermöglicht dem Werker eine einfache Justierung auf die Sollage. Durch Echtzeitkoordinatenausgabe ist stets erkennbar, wo er für die korrekte Position nachjustieren muss. IndiKar möchte das System künftig noch dahingehend erweitern, dass zwei Baugruppen in Echtzeit aufeinander abgestimmt positioniert werden können.
Targets für die richtige Lage
Der Werker richtet den fahrbahren Werklicht-Projektor mithilfe von Targets am Bauteil aus. Diese Zielmarkierungen weisen einen Binärcode auf, der vom Kamerasystem erkannt wird. Drei Targets genügen, um die Lage richtig zum CAD-System auszurichten. Damit das funktioniert, bereitet ein Messtechniker die Daten vor, bevor der Werker sich dann an die Arbeit macht.
Adaptive Projektion
Ist das System ausgerichtet, wird eine sogenannte Bolzenliste importiert. In dieser sind die xyz-Koordinaten und deren dazugehörenden Richtungsvektoren hinterlegt. Diese Liste kann vollautomatisch in die hauseigene Software geladen werden. Die Projektionen auf dem Bauteil erfolgen über Fadenkreuze, welche das Zentrum der Bolzen darstellen. Diese markiert der Werker schließlich mit einem Permanentmarker oder Körner. Dabei gilt es zu beachten, dass die Projektion möglichst orthogonal zur Oberfläche erfolgt, um Parallaxe-Fehler auszuschließen. Auch bei Formfehlern gefertigter Bauteile kann dies auftreten. Um dem entgegenzuwirken, gibt es die adaptive Projektion. Hier wird die Istfläche im Bereich des zu korrigierenden Bolzens gescannt. Diese wird dann mit der Sollfläche abgeglichen und die Zentrumslage dementsprechend korrekt projiziert. Nach der ersten Einführung konnte IndiKar das neue System schnell in die Herstellungsprozesse integrieren, was auch an der geringen Schulungszeit lag. Eine Zwei-Tages-Schulung ist hier ausreichend.
Nacharbeiten entfallen
„Durch das neue Werklicht-System sparen wir uns die Produktion von zeitaufwendigen und teuren Schablonen“, sagt Sascha Dorst, technische Projektleitung bei IndiKar. „Pro Fahrzeug sind das mehrere Tausend Euro. Mit weiteren Zusatzkosten wie Lagerung oder Modifikationen zusammengerechnet, ergeben sich weitere Einsparungen und Effizienzsteigerungen.“ Zudem kann die Qualitätskontrolle nun direkt bei der Arbeit ausgeführt werden. So entfallen etwa Nacharbeiten am Lack, falls eine Tür nicht richtig zusammengefügt wurde. Zukünftig plant IndiKar, mit dem System Zeichnungsdaten direkt auf Bauteile zu übertragen und Biegelinien auf Bauteile zu projizieren.